Dienstag, 4. Dezember 2012

Jacobs Ladder


Regie: Adrian Lyne

Himmelsleiter ?

In Genesis 28,11 ist beschrieben, dass Jakob während seiner Flucht vor Esau von Beerscheba nach Harran eine Traumvision hat, in der er einen Auf- und Abstieg zwischen Himmel und Erde entdeckt. Diese Jakobsleiter reichte mit ihrer Spitze bis in den Himmel. Nach seinem Erwachen ennt Jakob den Platz Bet-El (Haus Gottes).
In Adrian Lynes Bodyhorror-Schocker "Jacobs Ladder - In der Gewalt des Jenseits" wird diese Verbindung zwischen Erde und Himmel unmittelbar mit dem Schicksal des noch jungen Vietnam Veteranen Jacob Singer (Tim Robbins) verknüpft, der im Jahr 1975 in New York lebt und bei der Post arbeitet. Von seiner Frau Sarah (Patricia Kalember) und seinen beiden Söhnen Jed (Brian Lenkin) und Eli (B.J. Donaldson) lebt er getrennt und ist mit seiner Arbeitskollegin Jezebel (Elizabeth Pena) getrennt. Er trauert nach wie vor immer wieder um den Tod seines dritten Sohnes Gabe (Macaulay Culkin), zu dem er eine besonders innige Beziehung hatte.
Das Trauma Vietnam ist alles andere als verarbeitet, nach wie vor leidet er an Verspannungen, die nur der Chiropraktiker Louis (Danny Aielo) lösen kann und immer wieder plagen ihn Alpträume, die zunehmend schlimmer werden. Denn die Bilder im Kopf verschwimmen immer mehr mit der Realität, so sieht er böse maskierte Gestalten, die ihn verfolgen und immer wieder holen ihn Visionen ein, die ihm mitteilen, dass er damals - 1968 im Dschungel - getötet wurde.
Tatsächlich kann er sich noch gut an den Tag erinnern, als sie überraschend vom Vietcong angegriffen wurden, kurz zuvor hat die gesamte Einheit eine extrem starke Droge konsumiert, dann brach unvermittelt ein wahrer Feuersturm nieder...

"Jacobs Ladder" ist 1990 entstanden und für seinen Regiesseur Adrian Lyne ein sehr ungewöhnlicher, düsterer Film.
Der Film war einer der ersten von inzwischen vielen Nachfolgern, die am Ende einen extrem überraschenden Plot präsentierten, so gesehen war Lynes Werk durchaus inspirierend und nachhaltig für zukünftige Drehbuchautoren. Mit extrem kalten Bildern aus einem New York der Mittsiebziger ist auch das Szenenbild, die Kameraarbeit und die Austattung des Films sehr gut gelungen.
Am Ende des Films erscheint dann auch noch einmal ein zusätzlich Fragen aufwerfender Text, in dem behauptet wird, dass der Psychokampfstoff BZ im Vietnamkrieg an Soldaten getestet wurde. Diese Information suggeriert, dass die Halluzinationen von Jacob Singer möglicherweise auf eine Vergiftung mit diesem Kampfstoff beruhen. Auch sonst behält der Film in letzer Konsequenz noch ein Geheimnis, denn wenn alles ausschliesslich Vision, Vorhof der Hölle oder Fegefeuer war - dann auch einen Blick in eine Parallelwelt möglicherweise, eine, die die Zukunft kennt.
Es laufen nämlich im New York 1975 die Hits dieser Zeit: Mr. Postman von den Carpenters oder Lady Marmelade von LaBelle. Die waren 1968 bei den Soldaten im Mekong-Delta  noch Zukunftsmusik.
Adrian Lyne ist eher bekannt für oberflächliches Hochglanzkino wie "Flashdance", "Ein unmoralisches Angebot", "9 1/2 Wochen" oder "Eine verhängnisvolle Affäre". Man mag sich gar nicht ausdenken wie der ohnehin schon gute "Jacobs Ladder" mit einem Regisseur wie David Cronenberg ausgesehen hätte.
Die Szenerie ist stimmungsvoll, atmosphärisch dicht, aber immer realistisch. Es wird mit Licht und Perspektive nicht herumgespielt, sondern sie werden sparsam und konsequent zur Unterstützung der Handlung eingesetzt. Herausgekommen ist eine rätselhafte Geschichte, die packt und die gekonnt zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Jenseits und Dasein hin- und herpendelt und beklemmend wirkt

Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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