Dienstag, 31. Oktober 2017

Die toten Augen des Dr. Dracula

























Regie: Mario Bava

Das Dorf der Angst...

Mario Bava drehte "Die toten Augen des Dr. Dracula" im Jahr 1966. Der Film heißt im Original "Operazione Paura" und kam am 13. März 1970 in die deutschen Kinos. Die deutsche Synchronisation fügte dem Vampirfürsten Dracula mit in die Handlung ein, in einem wichtigen Satz auf dem Höhepunkt des Films sagt Baroness Graps einen sehr wirren und verwirrenden Dialog "Es ist Draculas Kraft, die in mir steckt. Auch ich werde nun sein Opfer, er bemächtigt sich meiner. Durch mich ist er Melissa. Es sind die Augen des Bösen. Es sind seine Augen mit denen Melissa sieht. Die toten Augen Draculas" und da in der Geschichte noch ein Gerichtsmediziner auftaucht, kam man vermutlich auf den unpassenden Verleihtitel "Die toten Augen des Dr. Dracula". In Wahrheit ist es der Geist der kleinen verstorbenen Melissa Graps, der umhergeht und durch die diabolische Kraft ihrer Mutter Gestalt annimmt. Das kleine Mädchen mit dem springenden Ball wird dabei von dem 7jährigen Jungen Valerio Valerim gespielt, dem man kurzerhand eine Perücke und ein weißes Mädchenkleid angezogen hat - er wirkte besser als die über 100 Mädchen, die bei einem Casting ihr Glück versuchten.
Mario Bava löst sich in den Szenenfolgen immer wieder von der Geschichte - ein Kniff, der den Film etwas schweben lässt. Dazu schwelgt der Regisseur mit dem genialen Auge für das opulente Kinobild mit raffinierten Überblendungen in Hommagen an die Horrorvisionen der Stummfilmzeit. "Die toten Augen des Dr. Dracula" folgt den Gesetzen des Alptraums.
Die Geschichte beginnt im Jahr 1907. Dr. Eswai (Giacomo Rossi-Stuart) wird von Inspektor Kruger (Piero Lulli) in ein Dorf in den Karpaten gerufen um die Autopsie an einer unter seltsamen Umständen verstorbenen jungen Frau durchzuführen. Es ist aber ein geheimnisvoller Ort, in den er geschickt wurde - der Kutscher will das Dorf sofort wieder verlassen und das Auftauchen des Mediziners sorgt auch nicht gerade für Begeisterung. In der Gaststätte begegnet man ihm reserviert bis feindselig - doch Bürgermeister Karl Arndt (Luciano Catenacci) hat auch ein gewisses Interesse daran, den Fall aufzuklären. Dr. Eswai trifft hier auch auf die junge Monica Shuftan (Erika Blanc), die sich als Einzige bereit erklärt hat, bei der Autopsie als Zeugin zu fungieren. Die junge Frau ist hier geboren, war lange weg und kam zurück um das Grab ihrer Eltern zu besuchen, die beide Bedienstete im Schloß Graps waren.
Sehr schnell bemerkt der Arzt, dass die Dorfbewohner enorm abergläubisch sind und dem medizinischen Fortschritt nicht gerade aufgeschlossen sind.  Sie wollten auch nicht, dass die Tote untersucht wird und wollten sie nur schnell begraben.
Bereits mehrere Menschen sind dort unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen, die Bürger leben in ständiger Angst und Schrecken. Sie glauben, dass der Geist des längst verstorbenen Mädchens Melissa Graps für die scheinbaren Selbstmorde verantwortlich ist. Die Ursache für den Spuk scheint daher auch in dem Schloß der Familie Graps zu liegen, aus dem aber angeblich niemand lebend herauskommt. Dort lebt nur noch die alte Gräfin (Giovanna Gallati), die Mutter Melissas, in scheinbar geistiger Umnachtung. Der Inspektor kehrt nach dem Besuch im Schloß nicht wieder zurück und Nadienne (Micaela Esdra), die Tochter der Wirtsleute, sieht den Geist der toten Melissa, die bereits 1887 im Alter von 6 Jahren verstarb. Man sagt, wer das Mädchen sieht wird ihr in den Tod folgen. Dorfhexe Ruth (Fabienne Dali) soll helfen den Flucht zu bannen. Doch der Fluch ist sehr mächtig...





Schon ab der ersten Sekunde wird der Zuschauer den grausigen Ereignissen ausgesetzt. Eine Frau flüchtet in Panik aus dem Schloß Graps und landet nur wenige Sekunden später auf den Spitzen eines eisernen Tores. Auch eine Wendeltreppe sorgt für tolle Kameraeinstellungen. Die Dreharbeiten fanden in Calcata statt - eine der kulturell interessantesten Städte Italiens. Eine Location wie geschaffen für die surreal alptraumhafte Stimmung der Geistergeschichte - in diesen labyrinthischen Gassen lauert der Zerfall. Die Gassen sind menschenleer, nur die Fremden laufen hier noch nach Einbruch der Nacht herum. Die Dorfbewohner haben sich längst schon in den Häusern eingeschlossen oder sitzen gemeinsam in der einzigen Dorfkneipe und brüten vor sich hin. Insgesamt bietet die Geschichte zwar wenig Neues, doch der Stil des Films ist wie so oft bei Mario Bava einfach umwerfend gut gelungen.






Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Samstag, 21. Oktober 2017

Sieben Minuten nach Mitternacht




















Regie: Juan Antonio Bayona

Das Monster kommt....

Der neue Film des spanischen Regisseurs Juan Antonio Bayona (Das Waisenhaus, The Impossible) heißt "Sieben Minuten nach Mitternach" (Original: A Monster Calls) und ist ein würdiger Nachfolger für Guillermo del Toros frühe Meisterwerke "The Devils Backbone" und "Pans Labyrinth". Dabei behandelt der Fantasyfilm schwere Themen wie Trauer, Abschied und Albtäume, vor allem die kindlichen Albträume eines 12jährigen Jungen. Sterben und Trauerarbeit - man erinnert sich an Darren Aronofskys "The Fountain" aber auch an "The Big Fish" von Tim Burton. Beiden Filmen ist Bayonas Werk überlegen, vor allem wegen der einfallsreichen visuellen Gestaltung und den wunderbaren Animationen, die der Geschichte eine düstere Magie verleihen. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Jugendbuch des amerikanischen Schriftsteller Patrick Ness und handelt von 4 Träumen, dem Jungen Conor O´Malley und einer großen Eibe, die sich in ein knorriges Monster verwandeln kann.
Conor (Lewis MacDougal) lebt bei seiner an Krebs erkrankten Mom (Felicity Jones). Seinen Vater (Toby Kebbell) sieht er nicht oft. Seit der Trennung der Eltern hat der Vater wieder eine neue Frau gefunden und lebt in den USA. Mit der Großmutter (Sigourney Weaver) hat der Junge keinen so guten Draht, denn sie wirkt auf den Jungen sehr streng und pingelig. Conor hat große Hoffnung, dass seine Mutter wieder gesund wird, aber im Krankheitsverlauf gibt es immer wieder herbe Rückschläge zu verzeichnen. In der Schule wird er von dem größeren Harry (James Melville) und dessen Freunden gemobbt und geschlagen, weil er ein Aussenseiter ist. Der Junge wird immer wieder von einem Albtraum geplagt. Die alte Kirche draußen stürzt ein und ein riesiges Loch tut sich auf - dort könnte jemand in die Tiefe stürzen und Conor bemüht sich die Person festzuhalten, so gut es geht. Dann scheinen die Träume real zu werden. Als er 7 Minuten nach Mitternacht erwacht ist die alte Eibe auf dem Friedhofshügel plötzlich zum Leben erwacht und als Monster ist der Baum gekommen, um dem Jungen drei Geschichten zu erzählen. Dafür verlangt der knorrige Riesenbaum aber auch, dass Conor eine 4. Geschichte am Ende beisteuert....




Bayona gelingt es vortrefflich den Fantasyanteil mit den drei Märchengeschichten in die reale Welt des 12jährigen zu verweben. Dabei geht die Geschichte so weit, dass sich der Junge seinem größten Albtraum selbst stellt und dabei am Ende die Wahrheit menschlich und wahrhaftig deuten kann. Das Ende ist auch noch sehr stimmungs- und geheimnisvoll mystisch, denn ein Buch mit den Zeichnungen seiner Mom verleihen dem Monster, das aus den eigenen Gedanken stammt, noch eine zusätzlich bedeutungsvollere Note. Etwas, dass vielleicht über uns schwebt und etwas, dass wir nicht erkennen - nur vielleicht manchmal erahnen können.
Großen Anteil am Gelingen des Films hat auch der junge Lewis MacDougall, der hier eine große Vorstellung gibt. Auch der Kameramann Oscar Faura mit einer beachtlichen Leistung.





Bewertung: 8 von 10 Punkten.