Dienstag, 11. September 2018

Ready Player One


























Regie: Steven Spielberg

Schöne neue Welt...

Mit "Ready Player One" ist Steven Spielberg ein spektakulärer Blockbuster gelungen. Auch das weltweite Einspielergebnis von 582 Millionen Dollar kann sich bestens sehen lassen. Das reicht immerhin für Rang 153 in der Liste der Filme, die das meiste Geld eingespielt haben. "Ready Player One" steht in der Tradition von Klassikern wie "Tron" von Steven Liesberger, auch Kathryn Bigelow hat 1995 mit "Strange Days" ein ähnliches Thema verfilmt und weitere Ähnlichkeiten findet man auch in Christopher Nolans "Inception", denn auch dort verschwimmt ebenfalls die Realität mit der Phantasie, nur das diese in "Inception" durch das Traum-Sharing oder durch unterschiedliche Traumebenen beeinflusst wird. In "Ready Player One" ist es die Flucht des Menschen der Zukunft in eine virtuelle (Schein)Welt, die allerdings sehr echt für den Spieler wirkt. Dabei ist Spielberg mit diesem Movie aus der Gamer Welt ganz nah am Puls der Zeit, ganz nah bei der Jugend- und Popkultur, ganz nah beim Gamer und Nerd und auf sehr amüsante Weise platziert er auch das Warnschild "Vorsicht" auf diese immer mehr fortschreitende Entwicklung, die den Menschen mehr und mehr an die Technik bindet und ihn davon abhängig macht, weit weg von der realen Welt, die somit zur 2. Geige wird.
Mit dem von mir sehr geschätzten Nachwuchsschauspieler Tye Sheridan hat er die Hauptrolle des Wade Watts besetzt, der ebenfalls der tritsten Welt entflieht und als Avatar Parzival ständiger Gast des Spiels ist und dort lauter phänomenale Abenteuer erlebt. Schauspielerisch ist Sheridan in dieser Rolle wenig gefordert, er ist Teil des Ensembles und weit davon entfernt beeindruckende Charakterstudien abzuliefern wie in "Mud" von Jeff Nichols, "Tree of Life" von Terrence Malick oder "Joe" von David Gordon Green.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Science Fiction Roman von Ernest Cline.
Die Geschichte spielt im Jahr 2045 - die Welt besteht vor allem aus Slum-ähnlichen Metropolen und der Alltag ist trostlos und ohne Hoffnung. Daher flüchten die meisten Menschen in die virtuelle Welt der OASIS, einem Multiplayer-VR Spiel einer Online Plattform. Dies wurde Jahre zuvor von dem genialen Sonderling und Game Designer James Donovan Halliday (Mark Rylance) erfunden. Es bietet den Menschen dieser Zukunft die Möglichkeit vom düsteren Alltag auszubrechen, hinein in eine Scheinwelt, die keine Grenzen setzt. Die Realität wird durch die Phantasie des Spielers bestimmt. Man wählt einen Avatar, kann damit natürlich auch sein Geschlecht wechseln und dann ab hinein ins Vergnügen und in große Schlachten, um die Welt zu retten. Man trifft auf Batman, hastet durch den Jurassic Park oder man besteigt die Pyramiden in Ägypten, um dort Ski zu fahren. Wade Watts (Tye Sheridan) ist ein Nerd, ein sogenannter Gunter, der unbedingt OASIS gewinnen will. Denn der Erfinder, der bereits fünf Jahre vorher verstarb, im Spiel ein Easter Egg versteckt. In seinem Video-Testament hat er verfügt, dass der Finder dieses Eies sein ganzes Vermögen von einer halben Billion Dollar erbt und auch die volle Kontrolle über OASIS erhält. Um dieses versteckte Ei zu finden, braucht man zuvor aber drei Schlüssel, die ebenfalls an verschiedenen Orten in der virtuellen Welt von OASIS versteckt sind. So lässt sich das Zaubertor öffnen. Fünf Jahre sind vergangen und noch kein Einziger dieser Millionen Spieler weltweit hat einen Schlüssel finden können. Dabei ist dies noch die einfachste Hürde, es gilt ein Rennen zu bestreiten und als erster die Ziellinie zu überfahren. Doch verhindert wird dies stets von einem hochaggressiven King Kong. Der hat schon vielen Fahrern den Bildschirmtod des eigenen Avatas zerstört, damiit verliert man alle Coins, die man im Lauf der Zeit erworben hat und immer Waffen, Kleidung und Artefakte kaufen konnte. Bei diesem Rennen macht auch Wades bester Freund Aech (Lena White) mit, den Wade im reelen Leben überhaupt nicht kennt. Denn jeder hat ja sein Avatar und Wade ist in der Welt von OASIS als Parzifal bekannt. Bei einem Rennen lernt er die hübsche Art3mis (Olivia Cook) kennen und er verliebt sich in deren Avatar. Wobei er noch nicht weiß, wer Art3mis wirklich ist. Sein Freund Aech warnt ihn und meint "Was ist wenn die hübsche Art3mis in Wirklichkeit ein 50jähriger 150 Kg Kerl ist ?". Natürlich gibts auch einen Bösewicht in "Ready Player One" und das ist Nolan Sorrento (Ben Mendelssohn), der Boss des Konzerns IOI, der auf OASIS unbedingt übernehmen will und mit seiner treuen rechten Hand F. Nale Zandor (Hannah John-Kamen) einer Hundertschaft von Experten und Spielern das Ei finden will. Fündig wird man vor allem in dem Halliday-Journal. In dieser virtuellen Bibliothek innerhalb von OASIS hat sich der Gründer sozusagen virtuell verewigt und persönliche Aufzeichnungen über sich gespeichert. Hier findet man den Schlüssel für die Schlüssel, wenn man gut kombinieren kann...





Einen der Schlüssel findet man im "Overlook Hotel" - dort hat Steven Spielberg seinem Freund Stanley Kubrick ein geniales Denkmal gesetzt. Die Szenen aus "Shining" werden neu gemischt mit den Protagonisten aus "Ready Player One". Neben Parzival, Art3mis und Aech sind auch die Avatare von Daito (Win Morisaki) und Shoto (Philip Zhao) dabei,letzterer ist im realen Leben erst 11 Jahre alt und bereits Kämpfer für die gute Sache. Diese "Shining" Sequenz gehört zum Besten des Kinojahres 2018 und dürfte jetzt schon Kult sein. Ebenso eine kleine Sekundeneinlage mit Gigers "Alien" - am Ende hat Spielberg noch eine sehr kritische Szene mit dem Halliday kurz vor dessen Tod eingebaut, der im gleichen Raum existent ist wie der kleine Junge James Donovan Halliday. In dieser Szene verschwimmt auch die Zeit, unterschiedliche Phasen der Vergangenheit und die Gegenwart. Der gleiche Mensch - einmal als Junge, einmal als Erwachsener - und beide wirken äusserst real. Irritiert fragt Wade "was nun Wirklichkeit ist und was nicht" - bekommt vom Avatar des OASIS Erfinders auch nur eine vage Erfindung. Was ist echt und was nicht ? Wer weiß das schon und hier knüpft Spielberg wieder an sein äusserst interessantes Thema aus "A.I. - Künstliche Intelligenz" an, wenngleich viel unbeschwerter und weniger düster.
Es gibt allerdings ein paar Wermutstropfen. Mit 140 Minuten laufzeit ist der Film vielleicht 20 oder 25 Minuten zu lang geraten, was beim Showdown-Kampf auffällt und durch die Vielzahl von Effekten etwas langamtmig wird. Und auch der Schluß ist nicht konsequent genug. Spielberg weist zwar darauf hin, dass wir uns wieder mehr der reelen Welt widmen müssen, macht aber den halbherzigen Kompromiss publik: Die neuen Eigentümer von OASIS haben Dienstag und Donnerstag ihren Spielbetrieb geschlossen.





Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

Montag, 10. September 2018

Spiegelbilder


























Regie: Robert Altman

Vermischung von Gedanken und Realität...

Im Grunde ist Robert Altmans "Spiegelbilder" (Originaltitel: Images) ein Kammerspiel, der Film wird aber auch im Horrorgenre eingeordnet, denn die Geschichte ist ein psycholgischer Alptraum. Mit seinem kammerspielartigen Werken wie "Drei Frauen", "Quintett" oder "Streamers" hatte Altman selbst bei den Filmkritikern keinen leichten Stand - sie wirkten meistens polarisierend. So ging es auch dieser 1972 realisierten britisch-amerikanischen Coproduktion, die einer instabilen Kinderbuchautorin folgt, die in Erscheinungen und Halluzinationen verwickelt wird, als sie in ihrem abgelegenen Ferienhaus versucht einen neuen Bestseller zu schreiben.
Der Film hat eine gewisse Verwandtschaft zu Polanskis "Ekel" und Bergmans "Persona" - immerhin wurde "Spiegelbilder" für die Hauptdarstellerin Susannah York zum großen Triumph, sie wurde mit dem Preis als beste Darstellerin in Cannes ausgzeichnet und es ist gleich nach "Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß" die zweitbeste Vorstellung ihrer Karriere.
Ein bisschen fehlt die Emotion in "Spiegelbilder"  - aber immerhin wird die Landschaft zu einem komplizierten Part eines psycholgischen Puzzles, das erst am Schluß aufgelöst wird - oder auch nicht.
Geheimnisvoll sind die Bilder, wenn etwa die Hauptfigur Cathryn auf einem Hügel steht und auf das Haus schaut - sich dabei selbst sieht, wie sie vor dem Haus steht. Dazu kommen mysteriöse Aufnahmen von Pferden, Wolken und Wasserfällen - im Off liest die Kinderbuchautorin aus ihrem Buch "Auf der Suche nach Einhörnern" - interessanterweise hat dies die Darstellerin Susannah York auch selbst geschrieben, Ihre Performance ist intensiv und wirkt unschuldig, aber ebenso von großer Anstrengung gekennzeichnet. Immer wieder fügt Altman sinnliche Untertöne mit ein. Die Frau ist verheiratet mit Hugh (Rene Auberjonois), sie fürchtet aber, dass der sie mit einer Anderen betrügt. Bald erscheint auch die Gestalt ihres wohl tödlich verunglückten Lovers Rene (Marcel Bozzufi). Ein weiterer Exlover, der Nachbar Marcel (Hugh Millais) taucht mit seiner pubertären Tochter Susannah (Cathryn Harrison) auf, von der man sagt, dass sie fast ein Ebenbild von Cathryn aus den Jugendtagen ist.
Jedenfalls werden die Bilder im Kopf immer domianter und irgendwann verschwimmt nicht nur bei der Hauptfigur die Grenze zwischen Traum, Phantasie und Realität. Auch der Zuschauer ist gefordert aus den Bildern schlau zu werden...




Dabei ist Altmans Wahnsinns-Variante schon sehr interessant, auch wenn er nicht ganz an Meisterwerke wie "Psycho", "Ekel" oder "Persona" heranreicht - eine Entdeckung wert ist dieser weitestgehend in Vergessenheit geratene Altman Film auf alle Fälle. Denn neben der Paranoia und möglicherweise schizophrenen Krankheit kommt auch noch ein weiteres Motiv in "Spiegelbilder " zu tragen. Ein Motiv fast so alt wie die Menschheit: Das Doppelgängermotiv, es fasziniert auch heute noch wie früher.




Bewertung: 7 von 10 Punkten.