Mittwoch, 26. Dezember 2012

Wir sind was wir sind



Regie: Jorge Michel Grau

Cannibal Holocaust, Mexico-City....

Tatsächlich erinnert "Wir sind was wir sind" an den schwedischen Indepentend-Vampirfilm "So finster die Nacht", allerdings wird im sehr interessanten Erstlingswerk des Mexikaners Jorge Michel Grau vom Schicksal einer Kannibalenfamilie berichtet. Gut, der Verstand hat mir gesagt, dass die Not des Kannibalen nach Menschenfleisch nicht ganz so elementar sein dürfte wie die Sucht des Vampir nach Blut. Denn auch ein normaler Fleischfresser hat die Entscheidung zum Vegetarierer oder gar Veganer zu werden. Nach wissenschaftlichen Studien ist der Mensch noch nicht mal von Natur aus der Fleischfresser, es ist offensichtlich, dass seine Geschichte des Überlebens ihn dazu gemacht hat.
Das ist wahrscheinlich der springende Punkt, warum der Film zwar gut ist, aber nicht ganz so genial funktioniert wird der schwedische Verwandte.
Aber die Kannibalenfamilie in "Wir sind was wir sind" braucht das Fleisch, so erklärt uns die Geschichte, für ein ganz wichtiges Ritual.
Nach dem plötzlichen Tod des Vaters ist die vierköpfige Familie um Mutter Patricia (Carmen Beato) auch noch auf sich allein gestellt. Das Familienoberhaupt war eben dafür verantwortlich, dass das Essen auf den Tisch kommt. Nach diesem Ritual ist es unerlässlich sich von Menschen zu ernähren.
Eigentlich sind sie ja eine ganz normale Familie. Der Zusammenhalt ist groß, arm aber anständig fristen sie im Moloch von Mexico City ihr Dasein, und die drei erwachsenen Kinder Alfredo (Francisco Barreiro) Julian (Alan Chavez) und Sabina (Paulina Gaitan) sind zwar sehr unterschiedlich, aber auch ganz normale Teenager.
Weder die depressive Mom noch einer ihrer Kinder haben jemals getötet. Dennoch muss jetzt ein Familienmitglied nach dem Ableben des Familienoberhaupts die Verantwortung für die Ernährung der Familie übernehmen. So fällt das Los zuerst auf den ältesten Sohn Alfredo, der sich um den Nahrungsnachschub kümmern soll und der versucht sein Glück bei den Außenseitern der Stadt, potentielle Opfer sind daher Straßenkinder, Prostituierte, Homosexuelle. Aber so einfach ist das alles nicht...


Ein schwieriger Balanceakt für den Regisseur, denn Horrorfilmfans werden vermutlich von der permanenten Melancholie des Films enttäuscht sein, es passiert wenig Horror. Aber dafür umso mehr Arthaus.
Der Macher konzentriert sich auf das soziale Drama, auf familiäre Konflikte und symbolisiert ein Mexiko, das am Rande eines gesellschaftlichen Kollaps zu sein scheint.
Der Film ist sicherlich auch eine Allegorie für soziale Verwahrlosung und Gewalt und die Lage der sozialen Unterschicht in Mexiko. Die sieht sehr trist, schmutzig, voller Ruß und Dreck aus - Grau liefert daher auch ein düsteres Portrait dieser mexikanischen Wirklichkeit.
Im realen Leben verstarb der Darsteller Alan Chavez kurze Zeit nach Drehschluß bei einer Schließerei mit der Polizei.

Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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