Freitag, 23. November 2012

The Creep


























Regie: Christopher Smith

Kate rennt...

Schade eigentlich: Genau wie Filme, die in Zügen spielen, gibt es auch bemerkenswerte Leistungen im Genre der U-Bahn Filme.
Spontan fallen mir da zwei grosse Klassiker aus dem 70er Jahre Kino ein: "Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123" von Joseph Sargent mit Walther Matthau als Bulle und Robert Shaw als Mr. Blue. Dort wird ein Zug der New Yorker U-Bahn von vier Gangstern entführt. Inzwischen gibts gar ein Remake mit John Travolta und Denzel Washington.
Genauso legendär die bedrohlichen Bahnsteige und U-Bahn Gänge in "Die Warriors" von Walter Hill, bei dem eine Jugendgang vor einer ganzen Armee von Gangs versucht nach dem heimatlichen und vielleicht sicheren Coney Island zu fliehen.
Luc Besson drehte Mitte der 80er einen faszinierenden Trip in die Katakomben des weitläufigen Pariser Metro Systems und der Zuschauer stellt erstaunt fest, dass in diesem dunklen Labyrinth eine ganze Menge Aussteiger hausen, die oben das Getriebe nicht mehr mitmachen wollen.
In den letzten Jahren enstand mit dem ungarischen "Kontrol" von Mimrod Antal ein europäischer Spitzenthriller, bei dem in der Budapester U-Bahn ein unbekannter Typ mit Kapuze lauert, der mehrere Fahrgäste vor fahrende Züge stösst.
Auch Horrorikone Clive Barker fand die kalte und düstere Location der sich langsam leerenden unterirdischen Bahnhöfe besonders atmosphärisch, schrieb eine Kurzgeschichte und der Japaner Ryuhei Kitamura realisierte mit "Midnight Meat Train" wohl einen der besten Vertreter des neuen brutalen Terrorkinos.

"Creep" aus dem Jahr 2004 ist eine deutsch-britische Coproduktion, Regie führt Neuling Christopher Smith, was sich fast so anhört wie Alan Smithee. Aber immerhin konnte für die internationale Produktion eine rennende Franca Potente verpflichtet werden, die dem Film gar nicht mal schlecht tut...denn sie spielt eine erwachsene Frau, die jetzt trotz der bedrohlichen Todesgefahr nicht fortwährend schreien muss.
Das Londoner U-Bahnnetz ist 404 km lang, hat 274 Stationen und besteht aus elf Linien, die miteinander mehrfach verzweigt sind.
Die Züge fahren in der Weltmetropole werktags von 5 bis 1 Uhr, sonntags von 7 Uhr bis Mitternacht. Einige Stationen sind an Sonntagen und auch bereits am späten Abend geschlossen.
Kate (Franca Potente) ist Deutsche und arbeitet bei einer Model-Agentur in London. Auf einer der üblichen Schickimicki Partys wird sie von ihrem Arbeitskollegen Guy (Jeremy Sheffield) angebaggert, aber sie kontert wie immer mit den üblichen wie effektiven kränkenden Sprüchen. Kate will heute Abend George Clooney treffen, der in London weilt und sie hat sich fest vorgenommen mit ihm Sex zu haben, komme was wolle. Die Party findet in einem anderen Teil Londons statt und Kate entschliesst sich die U-Bahn zu nehmen. Am Bahnhof Charing Cross hat sie kein Kleingeld für den Automaten, eine Obdachlose gibt ihr für 20 Pfund ein Ticket. Dann warten am Bahnsteig, Wodkafläschen raus, Mut antrinken, George wird doch nicht schwul sein, noch 8 Minuten bis die Bahn kommt, 6 Minuten...Kate wacht dann am leeren Bahnsteig auf, sie ist kurz eingenickt und alles ist menschenleer. Zumindest beinahe...in den Katakomben lebt der Creep, ein Widerling, der dort Menschen jagt...
Ich finde "Creep" ist - locker betrachtet - ein ganz gut gelungener Genrebeitrag, der Stärken wie Schwächen hat. Der Film ist manchmal recht derb und unappetitlich, hat einige eklige Szenen, doch er ist spannend. Seine extreme Unlogik kaschiert er dann wieder mit einer gelungenen Atmosphäre, die eindeutig mit der U-Bahn Location zusammenhängt. Eine Location, die schon für sich alleine ohne Bösewichter eine bedrohliche Stimmung aufbauen kann. Während tagsüber Tausende dieses Untergrundsystem bevölkern und Hektik angesagt ist, wirkt der gleiche Bahnhof in der Einsamkeit wie ein Ort, der Urängste hervorholen kann.
"Creep" kommt jetzt auch in die Top Ten der U-Bahn Filme, was allerdings gar nicht so schwer war, es gibt nämlich nicht allzu viele. Grosszügig aufgerundet bekommt der Film sogar 4 Amazon Sterne. Eine Entscheidung, die ich vielleicht hätte überschlafen sollen...


Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.

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