Donnerstag, 22. November 2012

Sisters




Regie: Brian de Palma

Siamesische Zwillinge

Noch vor seinem Durchbruch mit "Schwarzer Engel" und "Carrie" drehte Hitchcock-Bewunderer Brian de Palma 1973 einen kleinen fiesen Horrorfilm, trotz relativ wohlwollender Kritiker blieb "Sisters" aber bis heute weitgehend unbekannt - ein Art Geheimtipp.
Immerhin war die Wertschätzung aber dann doch so hoch, dass 2006 von Douglas Buck ein Remake mit dem Titel "Sisters - Tödliche Schwestern" gedreht wurde.
Eine wahrscheinlich für den Erfolg des Films enorm wichtige Komponente ist der Filmscore von Bernard Herrmann, der bereits für Alfred Hitchcock faszinierende Filmmusik ablieferte. Seine musikalische Untermalung für "Sisters" erinnert an "Psycho" oder "Vertigo", ist aber insgesamt noch etwas aggressiver und hektischer angelegt - es ertönen Holz- und Blechinstrumente in hoher Dominanz.
Der Vorspann ist eine Verbeugung für "Vertigo" - und für sich alleine betrachtet schon ein eigenständiges kleines Kunstwerk: Unheilvolle Musik und die Bilder eines kleinen Fötus, der den Zuschauer durch ein schwarzes Auge beobachtet. Am Schluss sind aus dem Fötüs zwei Föten geworden. "Sisters" ist die Geschichte der eineiigen siameschischen Zwillinge Daniele und Dominique Blanchion.
Die Story selbst fängt allerdings in einer Umkleidekabine für Männer an, eine hübsche blinde Frau (Margot Kidder) mit Stock verirrt sich in diesem Raum, fängt an, sich nichtsahend auszuziehen - sie wird aber beobachtet von dem jungen Philipp Woode (William Finlay), der selbst irritiert am Überlegen ist, ob er a) heimlich weiter zuschaut b) leise einen Abgang machen soll oder c) sich bemerkbar machen soll....eh wir wissen wie es weitergeht, bemerken wir, dass wir in einer Fernsehsendung sind, es läuft die Show "Am Schlüsselloch - Peeping Tom"....Philipp wird ohne es zu wissen vom Fernsehteam beobachtet und die blinde Frau ist der Lockvogel. Philipp verhält sich aber als Gentleman und nicht wie vermutet als unverbesserlicher Voyeur, er bekommt einen Preis für ein Dinner for Two im berühmten "African Room" in New York. Daniele, der Lockvogel erhält ein Messerbesteck. Bei den beiden stimmt irgendwie die Chemie, so lädt Philipp Daniele ins angesagte Restaurant ein, sie werden allerdings von Daniels aufdringlichem Mann Emil (William Finlay) gestört. Alles sieht nach Stalking aus, denn Emil folgt den beiden auch weiter bis hin zu Danieles Wohnung.
Dann kommt es aber doch noch zur Liebesnacht, am anderen Morgen ist Philip verliebt. Er bekommt aber im Badezimmer einen Dialog mit, den Daniele mit ihrer plötzlich aufgetauchten aggressiv agierenden Zwillingsschwester Dominique führt...

Die Journalistin Grace Collier (Jennifer Salt) beobachtet rein zufällig von ihrem Fenster aus, was bei den Nachbarn dann passiert. Nichtsahnend in welche Horrorstory sie schliddert...
Dieses Frühwerk von de Palma war mir bislang unbekannt und die Entdeckung hat jetzt regelrecht Begeisterung ausgelöst wie vor kurzer Zeit die Entdeckung eines weiteren 70er Jahre Horrorfilm "The Wicker Man".
"Sisters" ist ein grandioser Film, der von vielen geilen Regieeinfällen lebt: de Palma zitiert "Rear Window", der ganz besondere Knaller ist aber eine Alptraumsequenz, die im surrealen Stil von "Spellbound" gefilmt wurde und dem ganzen Horrorszenario vorher eine wunderbar beklemmende Auflösung hinhält. Obwohl der Zuschauer immer was ahnt und die Auflösung der Geschichte gar nicht so überraschend kommt, gelingt es de Palma mit seiner grandiosen Inszenierung vor allem mit dem Einsetzen von Splitscreens, um Ereignisse aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln zu zeigen, mit weiteren ungewöhnlichen Kameraeinstellungen oder mit makabren Szenen die Story bis zum Ende faszinierend zu vermitteln.
Ein klasse Film, eine grandiose Neuentdeckung einer 70er Jahre Perle, man hat das Gefühl einen verschollenen Film von Hitchcock zu sehen.



Bewertung: 10 von 10 Punkten

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen