Mittwoch, 24. Juli 2019

The Captive

























Regie: Atom Egoyan

8 Jahre...

In seinem neuen Film "The Captive" blieb der ägyptische Filmregisseur Atom Egoyan (sein Meisterwerk ist und bleibt "Das süße Jenseits") seinem Thema vom Vorgängerfilm "Devils Knot" treu.  Im Grunde handeln beide Filme von Menschen, die zum Teil in ihnen auferlegten oder auch selbst errichteten psychischen Gefängnissen leben. Bei der Kritik und dem Zuschauer hatte er es aber nicht leicht mit dem Winterthriller "The Captive", der sehr stark an Denis Villeneuves "Prisoners" angelehnt ist und auch mit diesem effektiven Thriller verglichen wird. Im direkten Vergleich ist "Prisoners" natürlich spannender, aber Egoyans Film hat auch gewisse Vorzüge. Denn er zeigt uns vor allem ein tragisches und bedrückendes Psychogramm von Entführern, Entführten und Zurückgebliebenen. Die ERmittler kommen als 4. Kraft noch hinzu, aber auch ihnen gesteht der Regisseur eine Distanz zum Zuschauer zu. Optisch liefert er ein erschütterndes Portrait einiger Bewohner einer weiß verschneiten Kleinstadt in Canada. Leider finde ich den Schluß etwas zu optimistisch dargestellt, da hätte man sich ja noch eine halbe Stunde "weiter drauf halten" gewünscht, denn die Figuren, die hier im Film auftauchen, werden auch in Zukunft noch Mühe haben normal weiterzumachen. Die Kritik reagierte vielleicht deshalb etwas ungnädig, weil  Egoyan die üblichen Handlungstrukturen dieses Genres völlig missachtet.  Die von ihm selbst geschriebene Geschichte um die Entführung eines jungen Mädchens und die späten die Auswirkung dieser Tat auf die Familie und das Umfeld, ist fernab von jeder oberflächlichen und effektheischenden Vordergründigkeit und taucht tief in die Psychologie seiner Figuren ein. Konzentriert und sehr ruhig entfaltet sich die Geschichte, die zunächst viel Aufmerksamkeit fordert, da Egoyan anfänglich oft in der Zeit springt, von hinten nach vorne. Das ist vielleicht der einzige Kritikpunkt neben dem Schluß. Aber so wird dem gespannten Zuschauer ein Puzzleteil nach dem andreren auf den Tisch gelegt, am Ende steht das Gesamtbild - und dies ist düster ohne Ende. Matthew (Ryan Reynolds) führt bis vor 8 Jahren eine sehr glückliche Ehe mit seiner Frau Tina (Mireille Enos). Die kleine Tochter Cassandra (Peyton kennedy) hat Talent im Eislaufen und schon einen Tanzpartner (wird später gespielt von Aidan Shipley), der ihr ewige Treue schwört.  An diesem schicksalhaften Wintertag vor 8 Jahren hält Matthew noch mal kurz beim nächstgelegenen Diner, um das gemeinsame Abendessen zu organisieren. Als er zwei Minuten später zurückkommt, fehlt von Cass jede Spur. Der aufgelöste Matt wird von den Detectives Jeffrey Dunlop (Scott Speedman) und Nicole Cornwall (Rosario Dawson) vernommen, die spezialisiert sind auf solche Fälle. Während des Verhörs verwickeln die beiden Beamten Matthew geschickt in Widersprüche, woraufhin der selbst in Verdacht gerät. Die Zweifel sind gesät, seine Frau Tina gibt ihm ohnehin die Schuld und plötzlich ist nicht nur das gemeinsame Kind weg, sondern auch die Ehe liegt in Trümmern. Dann, Jahre später, finden die beiden Polizisten im Internet ein Foto von Cass. Es dient online dazu, um weitere Kinder in ein Portal für Pädophile anzulocken und so den Ring dieser Kinderschänder mit neuen Opfern zu füllen. Bald sieht der Zuschauer auch die inzwischen 8 Jahre ältere Cass (Alexia Fast), für die ihr psychopathischer Entführer (Kevin Durand) inzwischen eine richtige Bezugsperson geworden ist..


.ich denke Atom Egoyan wollte nicht in erster Linie diesen megaspannenden Thriller machen, sondern er interessiert sich für die Gefühlsebene der Protagonisten. Der etwas cholerische Vater gerät ins Fadenkreuz der Ermittler, die dadurch wertvolle Zeit verstreichen lassen den Entführer zu fassen. Egoyan interessiert sich für die leider sehr fatale Entwicklung des Kindes Cass zu der beinahe schon erwachsenen Cassandra, die nach Jahren gar nicht mehr so stark wie ein entführtes Kind reagiert und sich inzwischen in ihrem Gefängnis häuslich eingerichet hat. Hier in diesen Szenen hält Egoyan einfach die Kamera drauf, ohne Erklärung. Sein Blick bleibt häufig distanziert und analytisch kühl - was aber den Zuschauer auch zwingt eigene Gedanken zur Geschichte zu entwickeln. Ich finds gut, dass nicht alles vorgekaut ist. "The Captive" bietet Raum für eigene Gedanken. Gelungen auch die souveräne Kameraarbeit von Paul Sarossy, der auch schon für "Das süße Jenseits" verantwortlicher Cinematograph war. Er fängt den Winterfilm sehr schön ein und ich liebe ja Thriller, die im Schnee und Eis spielen, sowieso. Egal...von" Fargo2 zu "Sam Raimis "Ein einfacher Plan bis hin zu Schraders "Der Gejagte".

Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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