Mittwoch, 24. Juli 2019
Tenderness
Regie: John Polson
Komplizen...
Kann ein Serienkillerfilm erfolgreich und gut sein, wenn er völlig unkonventionell als Roadmovie angelegt ist und statt nervenaufreibendem Thrill eher Poesie und Melancholie in seiner Grundstimmung zu bieten hat ? Erfolgreich wohl kaum, denn trotz Hochkaräter Russell Crowe war der 2009er Film von Regisseur Jon Polson an der Kasse ein Fehlgriff und verschwand alsbald in der Versenkung. Vermutlich weil Polson wohl alle Erwartungshaltungen an das Genre ausser Acht lässt und stattdessen eine Geschichte von zwei Aussenseitern erzählt. Gut ist der Film aber allemal und eine echte Empfehlung an alle Filmfreunde, die mal Blick auf einen Film werfen wollen, der es verdient hat noch einmal neu entdeckt zu werden.
Finden wird man eine herausragende Perle der 00er Dekade.
Dabei ist Russell Crowe als Lt. Cristofuoro nicht mal die Hauptfigur, denn der Film lebt vom beeindruckenden Spiel der Jungstars Jon Foster und Sophie Traub.
Lori (Sophie Traub) ist 16 Jahre alt, unglücklicher Teenager, sie lebt mit ihrer alleinerziehenden Mutter (Aria Baraikis) zusammen. Diese hatte in den letzten Jahren immer mal wieder Männergeschichten, mit dem jetzigen Lover Gary (Michael Kelly) könnte sie sich vorstellen noch einmal den Bund der Ehe einzugehen.
Die introvertierte Lori hat ein Album mit Zeitungsausschnitten angelegt, des vor einigen Jahren aufsehenerrenden Falls des inzwischen 18jährigen Eric Komenko (Jon Foster), der vor einigen Jahren seine Eltern getötet hat. Ein Gutachten hat ausgeführt, dass es zu der Tat aufgrund einer paradoxen Wirkung eines Antidepressivums kam, die der Junge zu der Zeit einnehmen musste.
Nun kommt er frei und auch seine Freilassung wird zum Medienspektakel. Das Haus seiner Tante (Laura Dern), die ihn aufnimmt, wird von Zeitungsleuten belagert. Auch Lori ist aus Neugier angereist.
Lt. Cristofuoro (Russell Crowe) ist über die Freilassung entsetzt, denn er verdächtigt den Teenagerboy als gefährlichen Psychopathen und gesuchten Serienkiller, er ermittelte damals in einigen Mordfällen von jungen Mädchen, er ist sich sicher, dass Eric der Killer ist, der weiterhin den Drang hat zu morden.
Auch Cristofuoro ist ein unglücklicher Mensch, seine Frau liegt im Koma und er bezeichnet die freiwillige Observierung von Eric als sein Hobby.
Eric verlässt vor soviel Medienrummel sein neues Zuhause, sein Ziel ist es mit dem Auto sich ein paar Universitäten anzusehen, um das Studium nachzuholen. Lori reist als blinder Passagier mit, denn sie hat auf dem Rücksitz des Autos versteckt und wird von Eric entdeckt. Der junge Mann will das Anhängsel sehr schnell wieder loswerden, aber so einfach lässt sich Lori nicht abschütteln. Sie sagt ihm, dass sie ihn von früher kennen würde. Es war an diesem Tag am Fluß, dort sind sich die beiden zum ersten Mal auf einer Brücke begegnet...
Seine Spannung bezieht der kammerspielartige Psychokrimi aus den Beziehungen der drei Protagonisten, deren Schicksale untrennbar miteinander verbunden sind.
Herausragend sind wie bereits erwähnt die Darsteller. Zum einen Russell Crowe als melancholischer Cop, der sich zwanghaft an die Fersen eines vermeintlichen Killers heftet. Aber vor allem die Newcomer spielen mit bewegender Intensität, es gelingt ihnen spielend ihren Figuren eine beeindruckende Vielschichtigkeit zu verleihen, die den Film von Anfang bis Ende bewegend trägt. Immer tiefer dringt der Film in die Psyche seiner Protagonisten vor, entspinnt ein Netz aus Abhängigkeiten und Obsessionen und hinterlässt den Zuschauer mit einer mulmigen Traurigkeit.
Ein kleines Meisterwerk, dass auf der gleichnamigen Novelle von Robert Cornier basiert.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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