Regie: Aharon Keshales und Navot Papushado
Täter und Opfer....
"Big Bad Wolves" ist ein israelischer Film der Regisseure Aharon
Keshales und Navot Papushado, der nicht nur von Quentin Tarantino
begeistert wurde. Auch ich war von der Mischung aus Kammerspiel und
rabenschwarzem Humor sehr angetan und war fasziniert von den kleinen
verrückten Einfällen und diversen Wendungen, die immer sehr spontan und
locker wirkten. Dabei beginnt die Geschichte zuerst noch sehr harmlos,
aber die perfiden Anteile werden bereits in der ersten Szene unheilvoll
angedeutet: Drei Kinder spielen im Wald Verstecken. Eines der Mädchen
versteckt sich dabei in einem Schrank in einem verlassenen Haus, wird
dort aber von einer unbekannten Täter entführt. Der Schullehrer Dror
(Rotem Keinan) wird am Tatort gesehen und ist schnell als Verdächtiger
ausgemacht. Nicht genug, dass er vom Schuldienst suspendiert wird - ein
paar eifrige Bullen unter der Leitung von Micki (Lior Ashkenazi) halten
gar Folter für ein legitimes Mittel aus dem Verdächtigen ein Geständnis
herauszupressen. Doch die aggressive, gewalttätige Polizeiarbeit wird
von einem Jungen beobachtet, der das Szenario auf Youtube hochlädt.
Polizeichef Zvika (Dvir Benedek)
hat daher auch keine andere Wahl als seinen besten Mann zu
suspendieren. Doch der ermittelt auch ohne Polizeimarke weiter am Fall.
Das verschwundene Mädchen wird dann bestialisch ermordet im Wald
aufgefunden. Nun wird auch Gidi (Tzahi Grad) der Vater des toten
Mädchen aktiv und wird zu einem "Big Bad Wolf", wenig später kann man
dies auch von seinem Vater Yoram (Doval'e Glickman)
sagen, der eigentlich seinem Sohn nur eine Suppe vorbeibringen wollte -
im Keller aber eine Folterkammer für einen Verdächtigen vorfindet...
Ganz
klasse ist der Plot gelungen, der dann auch richtig Sinn macht und den
Zuschauer schon sehr gelungen in die Irre führen konnte.
Ansonsten
gibts pechschwarzen Humor vom Feinsten, die ganze Geschichte ist
durchtränkt davon. Das Lachen, sollte es kommen, bleibt sogleich im
Halse stecken und dank des stark aufspielenden Schauspieler-Quartetts
Lior Ashkenazi, Rotem Keinan, Tzahi Grad und Doval'e Glickman ist die Szenerie zwar bizarr, aber immer glaubwürdig genug.
Sehr
gelungen und interessant ist die Frage, ob Lehrer Dror tatsächlich zu
Unrecht gequält wird oder ob er etwas mit den Mädchenmorden zu tun hat.
In der zweiten Hälfte des Filmes muss er nämlich eine Menge Brutalitäten
über sich ergehen lassen. Ihm werden die Hände mit einem Hammer
zertrümmert, man hält ihm die Flamme eines Bunsenbrenners auf die Brust
und einiges mehr. Also man muss sich schon auf eine Achterbahnfahrt der
Gefühle einstellen - ein Mensch wird hier gequält. Und alles wird ja
noch viel schlimmer, wenn sich gar herausstellen sollte, dass er -
dieser harmlos wirkende Mann, der seinen Hund liebt - gänzlich
unschuldig wäre. Nun diese israelische Tarantino Variante ist alles
andere als politisch korrekt - im Grunde eine durch und durch
sadistische Gewaltorgie mit grimmiger und bitterböser Atmosphäre, immer
wieder aufgelockert mit seltsamem Humor. Die Inszenierung ist
kontrovers, zumal sich der Film einer Haltung zum Thema Folter
verweigert und dies wird manch einen Zuschauer irritieren. Was „Big Bad
Wolves“ eindeutig nicht will: eine Stellungnahme über die
Verhältnismäßigkeit der Mittel abgeben. Wie weit darf ein Verhör gehen,
um einem Täter oder vermeintlichen Täter ein Geständnis zu entlocken?
Der Film macht gar nicht den Versuch, die Frage zu beantworten. Wer aber
diese Gedanken ablegen kann und sich ganz auf das schwarzhumorige
Treiben einlassen kann, der sieht zweifelsohne einen potentiellen
Kultfilm.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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