Sonntag, 6. November 2016

Der Nachtmahr

























Regie: Akiz (Achim Bornhak)

Bodyhorror und Rave-Partys...

Hinter dem merkwürdigen Pseudonym Akiz verbirgt sich Achim Bornhak, der mit "Der Nachtmahr" einen weiteren äusserst gelungenen Berlin-Film gedreht hat. Diese seltsame Mischung aus Jugenddrama, Horrormovie und pulsierendem Großstadtfilm kann als Gesamtwerk stellenweise richtig begeistert und reiht sich nun ganz spontan in die Liste meiner Berlin-Filmfavoriten (Berlin - Sinfonie einer Großstadt, Menschen am Sonntag, Cabaret, Possession, Die Mörder sind unter uns, Das Ende des Regenbogens, Nachtgestalten, Victoria). Tatsächlich hat "Der Nachtmahr" starke Ähnlichkeit mit Andrzej Zulawskis "Possession" - wobei die schleimige tentakelartige Kreatur in "Der Nachmahr" durch eine nackte, betongraue Mischung aus Fötus und Greis ersetzt wird. Das Thema des Films "Was ist Wirklichkeit und was ist Einbildung "" ist nicht neu. Aber verbunden mit einem düsteren Elektro-Score ist die Szenerie teilweise sehr hypnotisch und durch diese pulsierenden Beats wirkt die somnabule Story sehr cool, modern und äusserst effektvoll. Wenn im letzten Jahr "Victoria" von Sebastian Schipper der innovativste deutsche Film des Jahres war, dann müsste in diesem Jahr der Preis an "Der Nachtmahr" gehen.
Erzählt wird von der 17-jährigen Tina (Carolyn Gentzow), die mit ihren Freundinnen Babsi (Sina Tkotsch) und Moni (Lynn Femme) die Nächte auf angesagen Rave-Partys in der Stadt verbringt. Diese Partys finden auch oft an nicht immer erlaubten Orten wie Baustellen, geschlossenen Schwimmbädern oder alten Fabrikgebäuden statt. Die Girls machen so die Nacht zum Tag, Drogen gehören dazu - diese angesagen Berliner Clubnächte und spontanen Dance-Partys sind fester Alltagsbestand. Tina interessiert sich ein bisschen für den eher verschlossenen Adam (Wilson Gonzalez), der auch oft auf diesen Partys auftaucht. Auf einer dieser Partys zeigt ihr ein Junge ein Handyvideo von einer jungen Frau, die von einem Auto überfahren wird. Ab diesem Zeitpunkt ist nichts mehr, wie es vorher war. Sie bekommt dieses Bild nicht los und wenig später sieht der Zuschauer, dass Tina selbst dieses Mädchen auf dem Video zu sein scheint. Zumindest bildet sie sich das so ein. Und zunehmend verschieben sich die  Realitäten verschieben ineinander. Tina wird von seltsamen Wach-Albträumen geplagt, um sie herum tun sich seltsame Dinge, eine mysteriöse, furchtbar hässliche Kreatur scheint dahinter zu stecken. Sie hört Geräusche in der Küche und ruft ihre Eltern (Arnd Klavitter, Julika Jenkins) zu Hilfe, doch die sehen dieses kleine Monster nicht, dass sich gerade an den Nahrungsmitteln im Kühlschrank hergemacht hat. Ist Tina krank ? Zumindest wird ihr von den Eltern nahe gelegt ihre Tabletten zu nehmen. Auch die Besuche beim Psychiater (Alexander Scheer) deuten an, dass da eine paranoide Schizophrenie der Grund für Tinas Erleben sein könnte. Dieser rät ihr übrigens diesen Nachtmahr doch zu fragen was er will und um die Echtheit besser einschätzen zu können, könnte das Mädchen den Eindringling in ihrer Welt doch einfach mal berühren...



Zugegeben eine sehr schräge Geschichte, aber eine die durchweg interessant erzählt wird, weil sie die auch die Pfade gängiger Erzählmuster verlässt. Man kann gar nicht glauben, dass dieser Film lediglich ein extrem geringes Budget zur Verfügung hatte. Sehr spannend auch die Wendung, die den Film in Richtung David Cronenbergs Bodyhorror gleiten lassen und bietet dem Zuschauer ganz viel Interpretationsspielraum. Der Film versteckt auch einiges hinter den Schaden der Nebelmaschine und blendenden Party-Lichtern. Man denkt an viele Möglichkeiten. Ob Drogen diesen Trip verursachen ? Das Video deutet dann in eine andere Richtung. Oder sind dies einfach nur Gedanken aus dem Innern, eine Art Seelenschau. Am besten selbst ein Bild machen. "Der Nachtmahr" ist ein deutscher Spitzenfilm.




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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