Donnerstag, 18. September 2014

Her

























Regie: Spike Jonze

Verliebt in die Computerstimme....

 "Her" von Spike Jonze nimmt man erst auf den zweiten Blick als Science Fiction Film wahr, denn die Geschichte, die in einer sehr nahen Zukunft in San Francisco spielt, wirkt doch erschreckend zeitgemäß und real.
In dieser Zukunft ersetzt der Macher von "Beeing John Malkovich" oder "Adaptation" das heute allgegenwärtige Smartphone durch einen kleinen Knopf im Ohr, der über eine künstliche Intelligenz verfügt. Die Menschen gehen genauso gemeinsam wie mit ihrem Handy oder Smartphone durch die Straßen und reden ununterbrochen mit sich selbst und mit dem modernen Artefakt als ständiger Begleiter. Ein gar nicht mehr so ungewöhnlicher Anblick, denn man sieht seine Mitmenschen ja heute schon ständig in Kommunikation mit der Maschine. Auf diesem Weg setzt sich Jonze zusammen mit seinem Publikum kritisch - aber nie pessimistisch - mit der immer schneller voranschreitenden technologischen Entwicklung auseinander.
Möglich sogar, dass für viele Menschen das Mobiltelefon schon lange zur Verlängerung ihres eigenen Körpers und Geistes geworden ist, unverzichtbar und schmerzhaft vermisst, wenn es einmal vergessen wird. Aufbauend auf dieser gesellschaftlichen Entwicklung und den technologischen Fortschritten erzählt der Filmh die Geschichte eines Mannes, der sich in sein Betriebssystem verliebt. In dieser nicht allzu fernen Zukunft wird das individualisierte System "OS 1" eingeführt, das den Nutzer die Möglichkeit gibt, sein Operation System entweder mit männlicher oder weiblicher Stimme zu wählent, Der absolute Knaller ist aber, dass sich der künstlich geschaffene Partner auch über eine sich fortwährend entwickelnde Persönlichkeit auszeichnet. Samantha (im Original gesprochen von Scarlett Johansson) kann genauso wie ein Mensch Freude, Liebe und Eifersucht empfinden, ausserdem zeichnet sie sich als sehr kreativ, intelligent und witzig aus.
Nach seiner gescheiterten Ehe mit Catherine (Rooney Mara) ist der einsame Theodore (Joaquin Phoenix) in einem latent depressivem Zustand. Der Mann verdient senen Lebensunterhalt damit, Briefe zu schreiben. Nicht seine eigenen, sondern er schreibt gemäß Auftrag Briefe für Andere. Theodore ist mit einem großartigen Gespür für die Gefühlswelt anderer ausgestattet, er kann sich in deren Emotionen gut hineinversetzen und bringt diese Gefühle für seine Auftraggeber auf Papier.
Es sind Liebesbekundungen, Geburtstagsgrüße oder Dankeskarten. Die Handschrift seiner Kunden wird durch den Computer virtuell kopiert und beigefüft, der Brief zwar mündlich eingesprochen, jedoch am Ende ganz klassisch ausgedruckt und per Post zu seinem Adressaten geliefert. Damit tauchen schon bei seiner Tätigkeit Fragen der Zukunft auf, denn was ist Wahrheit und Lüge, Authentizität und Illusionf. Theodores Briefe sind zwar gefühlvoll und berührend, aber da sie nicht vom Auftraggeber selbst geschrieben wurden, fehlt da auch diese Echtheit. Und damit gelangt man zum Thema des Films, denn die zunehmend intimer werdende Beziehung zu Samantha gibt ihm zwar die menschlichen Freuden der Gemeinsamkeit zurück, aber hat diese Liebe zwischen Mensch und Computer tatsächlich eine Zukunft. Die besten Szenen des Films zeigen diese Integration der OS in die moderne Welt des Menschen. Theodores Bekannte Amy (Amy Adams), die sich auch von ihrem Mann (Matt Letscher) getrennt hat, hat in der Folgezeit ebenfalls eine virtuelle Freundin. Und Theodores Arbeitskollege Paul (Chris Pratt) sowie dessen Freundin laden Theodore samt OS zu einem Picknick am Wochenende ein. Dieser stellt natürlich die Beziehung immer mehr in Frage, aber die realen Dates (Olivia Wilde) erweisen sich trotz guter Attraktivität und köperlicher Anziehung als Mißerfolg auf ganzer Linie.


"Her" ist tatsächlich ein sehr interessanter "Jetzt schon Klassiker" des Genres. Denn als Glücksgriff erweist sich die Dynamik der Lovestory, die nach überschwänglicher Verliebtheit - ganz wie in den normalen Beziehungen - in eine Krise und schliesslich in die Entfremdung mündet. Dies alles hat Spike Jonze meisterhaft dargeboten.
Es geht dabei um die Beschaffenheit unserer Gefühle, die stellt der Filmemacher auf den Prüfstand. Was sind wahre Emotionen. Was macht eine Beziehung aus ? Was ist das...Liebe ?
Wenn ich die diesjährige Oscarverleihung und die nominierten Kandidaten so ansehe, dann imponierte mir neben Alexander Paynes "Nebraska" diese kleine Zukunftsschau am meisten. Honoriert wurde dann das Beste Originaldrehbuch, das Jonze selbst schrieb. Ebenso gabs Nominierungen als Bester Film, Bestes Szenebild, Beste Filmmusik und den besten Filmsong. "Her" ist anspruchsvolle Unterhaltung mit Tiefgang und guten Darstellerleistungen.



Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen