Regie: Mike Flanagan
Geister und Psychosen....
"Oculus" stellt die Frage, ob man seinem eigenen Erleben oder
seinen eigenen Augen trauen kann. Der Horrorfilm von Mike Flanagan lässt
seine Geschichte auf zwei Zeitebenen ablaufen, was einen zusätzlichen
Reiz ausübt. Die Story erzählt vom Schicksal der beiden Geschwister Tim
(Brenton Thwaites) und Kaylie Russell (Karen Gillan), die als Kinder im
Alter von 10 und 12 Jahren den furchtbaren Mord des Vaters Alan Russell
(Rory Cochrane) an der eigenen Mutter (Katee Sackhoff) erleben mussten.
Während die starke Kaylie scheinbar die Ereignisse, die nun 11 Jahre
zurückliegen, recht gut verarbeitet hat, musste ihr jüngerer Bruder, der
den Vater in Notwehr erschießen musste, seine daraus resultierende
Psychose jahrelang in einer Psychiatrie behandeln lassen. Nun ist es
soweit: Laut ärztlicher Einschätzung ist der inzwischen 21jährige junge
Mann so gesund, dass er die schützende Einrichtung verlassen kann. Es
wird aber sehr schnell klar, dass seine Schwester nun endlich das
Kapitel auf ihre Weise beenden möchte - sie wirkt zwar stark, aber sie
hat die Ereignisse von damals nie wirklich verarbeiten können. Denn sie
ist immer noch felsenfest davon überzeugt, dass damals eine
übernatürliche Macht die Ereignisse im Haus auslöste. Somit glaubt sie,
dass auch der eigentlich einfühlsamen Vater so manipuliert worden ist,
dass er immer aggressiver wurde, schliesslich auf Befehl seine eigene
Frau zuerst im Schlafzimmer ankettete und bald darauf tötete. Die Kinder
wären die nächsten gewesen, die der Vater meucheln wollte. Die junge
ist davon überzeugt, dass der prunkvolle, schwarze antike Lasser
Spiegel, den die Eltern kurz vor der Katastrophe kauften, ein Tor zu
einer dämonischen Welt sein muss. Diese gewagte Theorie untermauert die
junge Frau mit der recherchierten Geschichte dieses Spiegels, denn
keiner seiner Besitzer wurde in der Vergangenheit vom Schicksal
verschont. Es gab häufig viele Todesfälle und die Geschichten dazu haben
erstaunliche Parallelen. Zum Beispiel war das erste Opfer des Dämons
immer der Hund der Familie. Durch seine Schwester kommt auch in Tim
wieder die Erinnerung an früher hoch und zunächst vermutet er, dass
seine Schwester mgöicherweise auch psychiatrisch behandelt werden
müsste. Hat doch sein Therapeut davor gewarnt, dass gerade die Schwester
den Heilungserfolg wieder ins Wanken bringen könnte. Sie kann Tim aber
dennoch überreden ins alte Haus zurückzukehren, dort hat sie auch den
Spiegel bringen lassen, der inzwischen wieder die Besitzer wechselte.
Nun heißt es auf die Dämonen von einst zu warten und die geisterhafte
Gestalt, eine Frau (Marisol Siegel), die die Kinder damals im Büro ihres
Vaters sahen, lässt auch nicht lange auf sich warten...
Seinem
preisgekrönten Kurzfilm ließ Mike Flanagan sieben Jahre später einen
Langfilm folgen. Sein Genrebeitrag ist zwar ein bisschen B-Picture,
aber dennoch mehr als nur ein Horrorfilm, in vielerlei Hinsicht ist ihm
ganz nebenbei auch noch ein Drama geglückt. Dabei hat der Film auch
raffinierte Feinheiten zu bieten, etwa dann, wenn die neuen Ereignisse
im Haus sich mit den Erinnerungen der Kinder szenisch abwechseln und
stellenweise sogar überlappen. HIer entfaltet der Film eine gruselige
und atmosphärisch dichte Stimmung, ohne offensichtlich zu sein. Der
Regisseur hat die Gabe mit den Erwartungen des Zuschauers zu spielen,
auch und gerade, weil er sich nicht festlegt, was er diesen nun wirklich
vorsetzt. Ist es nun diese übernatürliche Präsenz - im Film tauchen
immer wieder Gestalten mit geisterhaften Augen auf - oder ist es die
eigene Besessenheit, die den Protagonisten einen derart tödlichen
Streich spielen ? Jedenfalls kann Kaylie ihren Bruder irgendwann
überzeugen, dass nicht er wahnsinnig war, sondern dass der Spiegel im
Haus das Böse verbirgt. Im Zweifelsfalle leiden aber beide an einer
gemeinsamen Psychose und dies ist der faszinierende Aspekt des Films
"Oculus". Die Frage ist gestellt, ob Erinnerungen aus der Kindheit durch
das Bewusstsein eines Erwachsenen so sehr gefiltert werden, dass sie
nicht mehr mit der Realität konform gehen. Fest steht nur, egal welcher
Auslöser, die beiden Geschwister sind traumatisch völlig aus der Bahn
geworfen. Die Rückkehr ins Haus verdreht die Sinne und der Zuschauer ist
gebannt von dem dämonischen Treiben, aber was wäre wenn dies nur alles
Einbildung wäre. Zuerst war der Film als Found Footage Beitrag geplant,
aber man kann die Macher nur beglückwünschen es nicht getan zu haben.
Sonst hätte man auf die große Stärke des Films (die Zusammenführung
beider Zeitpunkte und Handlungsstränge) womöglich untergraben. Für mich
ein sehr geglückter Geisterfilm, der durch seine hintergründige Art
gefällt.
Film spielt in zwei verschiedenen Zeitpunkten: die Gegenwart und 11 Jahre zuvor. Die beiden Handlungsstränge parallel durch Rückblenden erzählt.Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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