Donnerstag, 23. Oktober 2014

Only lovers left alive





















Regie: Jim Jarmush

Die Kinder der Nacht sind müde...

Gibt es einen Vampirfilm neueren Datums, der noch blutleerer daherkommt als "Twilight - Bis zum Morgengrauen" und seine diversen Fortsetzungen ? Schauen sie sich Jim Jarmushs "Only lovers left alive" an, denn hier gehts bei den Blutsaugern nur noch lethargisch zu und sie sind inzwischen so depressiv geworden, dass sie aussterben könnten. 
Was waren da noch für Zeiten als Vampire richtig Lust auf Blut hatten - und zwar nicht wie Edward Cullen und seine Familie, die als "kalte Wesen" zu Vegetariern geworden sind, somit Tierblut tranken und ihre Mitmenschen in Ruhe lassen. Bela Lugosi oder Christopher Lee - waren beide keine Kostverächter und sie lechtzen förmlich nach dem roten Lebenssaft, der am besten schmeckte, wenn man das Opfer in den Hals biß und es ausbluten ließ. In Jarmushs Film gibts in kleinen Schnapsgläschen ein Schlückchen vielleicht, gelegentlich auch mal ein "Blut" am Stiel. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Der Vampirfilm ist in eine Phase gekommen, so ähnlich wie sie auch der Western durchgemacht hat...vom Heldenspektakel Gut und Böse und dem Kampf mit den Indianerfeinden...wurde es brutaler und dreckiger (Italo Western) aber auch differenzierter und melancholischer (Spätwestern) als eine Art Abgesang. Diese Tendenz ist nun auch im Vampirstreifen zum Hauptpart geworden, man hat es vielleicht in der Anne Rice Verfilmung "Interview mit einem Vampir" erahnen können, da dort mit Brad Pitt ein unglücklicher Vampir auftauchte, der mit seinem Dasein überhaupt nicht klarkommt.
Und von einer dieser unglücklichen Existenzen erzählt auch der optisch aus einem Guß gemachte "Only lovers left alive". Denn Adam (John Hiddleston) ist dem Vampirdasein überdrüssig - er lebt es ja ohnehin nicht mehr aus, sondern besorgt seine Blutampullen im Krankenhaus. Ein Glück, dass es geldgierige Ärzte wie Dr. Watson (Jeffrey Wright) gibt, bei dem Adam seine Rationen abholt. Geld hat der passive Vampir genug - er ist auch verheiratet. Seine Frau Eve (Tilda Swinton) lebt aber in Tanger, ihn hat es nach Detroit verschlagen -dort vollzieht sich ja auch ein Sterben dieser Stadt und mit dem Auto fährt er nachts durch die bankrotte Motor City, durch eine inzwischen menschenleere Metropole, die in diesen Autofahrten fast schon wie eine Geisterstadt anmutet. Darüberhinaus gibts hier in der Stadt eine große Musikszene, vor allem der psychedelische Sound ist gefragt und Schöngeist Adam ist auch ein toller Gitarrist, ein begnadeter Musiker - seit Jahrhunderten - und seinen Kumpel Ian (Anton Yelchin), der ihm eine Knarre besorgen soll, kennt er aus der dortigen Undergrundszene. Bei einem Telefonat bemerkt Eve die selbstzerstörerischen Absichten ihres Mannes und sie reist zu ihm. Ausserdem taucht auch noch Ava (Mia Wasikowska) auf, die jüngere Schwester von Eve und die bringt doch reichlich Wirbel in das lethargische und phlegmatische Leben. Denn sie wetzt noch ihre Zähne, während sich Adam und Eve über Literatur, Kunst und Musik austauschen und ihre Erinnerungen an die vielen Freunde der Vergangenheit wie Schubert, Mary Shelley, Lord Byron oder Christopher Marlowe austauschen...


Letzter lebt sogar noch und ist nicht 1593 verstorben, er hat auch "Hamlet" geschrieben und lebt nun in Tanger. Dort wird aber mit kontaminiertem Blut gehandelt, was auch für Vampire nicht gesund ist. Ansonsten wollte Jarmush nach eigenen Angaben die beiden Figuren Adam und Eve als Metaphern für den gegenwärtigen Zustand menschlichen Lebens anlegen. Diese seien zerbrechlich und laufen Gefahr, empfindlich zu werden für die Gewalt der Natur und für das kurzsichtige Verhalten derer, die an der Macht sind. Der Film hat schöne poetische Ansätze und eine interessante Bildsprache, vieles ist dunkel in den Farben der Nacht gehalten. Die Mixtur schließt auch die progressive Undergrundmusik mit ein, die sehr gut als Gegengewicht zur Poesie der Geschichte passt. Alles in allem ist mir aber Jarmushs Vampirvariante ein bissel zu kulturverliebt und zu dekadent. Und ich hab es ja etwas bedauert, dass Mia Wasikowska sehr schnell aus dem Haus geworfen wird, denn sie brachte Leben in den faden Alltag. Zu Recht beschimpft sie wütend ihre Schwester und den Schwagen als biedere Snobs. Diese laufen dann mit ausgesaugter Langsamkeit beinahe schon in ihr Verderben. Doch der Untergang ist immer eine Frage guter Zähne. So macht Jarmush am Ende auch Hoffnung, dass Christopher Lee weiterlebt. Guter Film, aber kein Meisterwerk wie "Night on Earth", "Dead Man", "Ghost Dog", "Mystery Train" oder "Stranger than Paradise".



Bewertung: 7,5 von 10 Punkten

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