Mittwoch, 24. Juli 2024

Stalker


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie:  Andrej Tarkovsky

Reise in die Zone...

Bei den Filmfestispielen in Cannes wurde Andrei Tarkovskys fünfter Spielfilm "Stalker" mit dem Preis der ökumenischen Jury ausgezeichnet. Der 1979 gedrehte Science Fiction Film genießt bei den Filmkritikern und Cineasten einen ausgezeichneten Ruf. Sight and Sound wählte "Stalker" in der Umfrage über die besten Filme aller Zeiten auf die vorderen Ränge. Die befragten Regisseure setzen den Film auf Platz 30, die Kritiker fanden ihn noch einen Rang besser und wählten ihn zum 29besten Film.
Wie auch die vorherigen und späteren Filme von Tarkovsky setzt auch "Stalker" auf lange Einstellungen mit langsamer, subtiler Kamerabewegung. Der Regisseur hielt nichts von schnellen Montagen. Insgesamt gibt es 142 Aufnahmen in den 163 Minuten, die der Film läuft. Fast alle Szenen, die nicht in dieser sagenumwobenen Zone spielen sind in Sepia oder einem ähnlichen kontrastreichen braunen Monochron gehalten. Einzige Ausnahme bilden die Szenen mit Stalkers Tochter, die in Farbe gedreht wurden.
Die Filmmusik zu Stalker wurde von Eduard Artemyev komponiert, der auch die Musik zu Tarkovskys früheren Filmen" Solaris" und Der Spiegel"komponiert hatte. Für" Stalker" komponierte und nahm Artemyev zwei verschiedene Versionen der Musik auf. Die erste Musik wurde nur mit einem Orchester aufgenommen, wurde aber von Tarkovsky abgelehnt. Die zweite Musik, die im endgültigen Film verwendet wurde, wurde auf einem Synthesizer zusammen mit traditionellen Instrumenten erstellt, die mit Soundeffekten manipuliert wurden. In der endgültigen Filmmusik verschwimmen die Grenzen zwischen Musik und Ton, da natürliche Geräusche und Musik so stark interagieren, dass sie nicht mehr zu unterscheiden sind. Tatsächlich waren viele der natürlichen Geräusche keine Produktionsgeräusche, sondern wurden von Artemyev auf seinem Synthesizer erstellt. In der Sowjetunion wurden 4,3 Millionen Kinotickets verkauft. Die Handlung des Films ist sehr interesant aufgebaut. Es beschreibt die Zeit nach einem Vorfall, der die Welt, wie wir sie kennen, verändert hat. Was es war ? Der Fall eines Meteoriten ? Oder gar der Besuch von Bewohnern aus dem Weltall ? Dadurch entstand das Wunder aller Wunde. Die Rede ist von der "Zone" - es wurden Truppen dorthin geschickt,a ber sie kamen nicht mehr zurück. Polizisten umzingelten das Gebiet und riegelten es danach hermetisch von der Öffentlichkeit ab. Denn diese Zone soll sehr gefährlich, sogar tödlich sein. Andererseits soll es dort einen Raum der Wünsche geben. Wer bis dorthin gelangt, so glaubt man inzwischen, kann seine geheimsten und innisten Wünsche wahr machen.
Ein Mann (Alexander Kaidanowski) arbeitet an einem namenlosen Ort als "Stalker“ und führt Menschen durch die "Zone“, ein Gebiet, in dem die normalen Gesetze der Physik nicht gelten und in dessen Ruinen Überreste scheinbar außerirdischer Aktivitäten ungestört liegen. Der Bereich, in dem sich die Zone befindet, ist in Geheimnisse gehüllt, von der Regierung abgeriegelt und von bedrohlichen, übernatürlichen Gefahren umgeben. Zu Hause bei seiner Frau (Alissa Freindlich) und seiner Tochter (Natascha Abramova) fleht ihn seine Frau an, nicht in die Zone zu gehen, da er sonst eine weitere lange Gefängnisstrafe riskieren würde, aber er weist ihre Bitten abweisend zurück. In einem heruntergekommenen Cafe-Bar trifft der Stalker seine nächsten Kunden für eine Reise in die Zone, einen Schriftsteller (Anatoli Solonizyn) und einen Professor (Nikolai Grinko) Sie umgehen die Militärblockade, die die Zone bewacht, indem sie einem Zug durch das Tor folgen und in einem Eisenbahnwaggon ins Herz der Zone fahren
Der Stalker sagt seinen Klienten, dass sie genau tun müssen, was er sagt, um die Gefahren zu überleben, die vor ihnen liegen, und erklärt, dass die Zone respektiert werden muss und der geradeste Weg nicht immer der kürzeste Weg ist. Der Stalker testet verschiedene "Fallen“, indem er an Stoffstreifen gebundene Metallnüsse vor ihnen her wirft. Er bezieht sich auf einen früheren Stalker, seinem früheren Mentor, der den Raum betrat und wieder verließ, sehr reich wurde und sich dann erhängte. Der Autor ist skeptisch gegenüber jeder echten Gefahr, aber der Professor folgt im Allgemeinen dem Rat des Stalkers. Während sie reisen, diskutieren die drei Männer ihre Gründe, warum sie den Raum besuchen wollen. Der Autor äußert seine Angst, seine Inspiration zu verlieren. Der Professor scheint weniger besorgt zu sein, obwohl er darauf besteht, einen kleinen Rucksack mitzunehmen. Der Professor gibt zu, dass er hofft, einen Nobelpreis für die wissenschaftliche Analyse der Zone zu gewinnen. Der Stalker besteht darauf, dass er kein anderes Motiv hat als das altruistische Ziel, den Verzweifelten bei der Erfüllung ihrer Wünsche zu helfen. Nachdem sie durch die Tunnel gereist sind, erreichen die drei endlich ihr Ziel: ein verfallenes und heruntergekommenes Industriegebäude. Sie sind auch nicht mehr allein - ein Hund hat sich dem Trio angeschlossen. Die Männer zögern, da der Raum von einer "Fleischwolf“-Anomalie bewacht wird, die einen Tod erfordert, damit jemand den Raum betreten kann, was zu einem Streit führt. In einem kleinen Vorzimmer klingelt ein Telefon. Der überraschte Professor beschließt, das Telefon zu benutzen, um seinen ehemaligen Chef anzurufen und ihn zu verspotten, weil er den Raum gefunden hat. Während sich das Trio darauf vorbereitet, den Raum zu betreten, offenbart der Professor seine wahren Absichten bei der Reise. Der Professor hat eine 20-Kilotonnen-Bombe mitgebracht, um den Raum zu zerstören und zu verhindern, dass böse Männer ihn zu ihrem eigenen Vorteil missbrauchen, indem sie den Raum, den Stalker und die Kunden des Stalkers für den Anstieg von Kriminalität, sozialen Unruhen, Militärputschen und zerstörerischer Wissenschaft verantwortlich machen...








Dieser sehr dichte und komplexe Film ist nicht ohne Widersprüche, wie der Mensch selbst und setzt sich mit dem menschlichen Bewusstsein, auch der Notwendigkeit des Glaubens auseinander. Wünsche, die in den Herzen der Menschen wohnen - ein zweischneidiges Schwert sozusagen, denn wir sind eine Species, die sich mit "Gut" und "Böse" auseinandersetzen muss. Möglicherweise ist dieser innigste Wunsch nicht dass, was man selbst denkt und dass es gar nicht so erstrebenswert ist, wenn man klar darüber wird und ihn erreicht.
Obwohl der Film den Ursprung der Zone nicht näher erläutert, ist gegen Ende in einer Einstellung des Stalkers mit seiner Familie außerhalb der Zone im Hintergrund etwas zu sehen, das wie ein Kraftwerk aussieht. Die Themen nukleare Strahlung und Umweltzerstörung würden von Tarkowski in seinem letzten Film "Opfer", erneut aufgegriffen. Mitten im Film hält der Stalker einen inneren Monolog, in dem er den gesamten Abschnitt 76 von Lao Tses Tao Te Ching zitiert, dessen Text Weichheit und Geschmeidigkeit als Eigenschaften eines Neugeborenen und damit eines neuen Lebens charakterisiert; Härte und Stärke hingegen sind Eigenschaften, die dem Tod nahe sind.
In diesem Film möchte Tarkovsky zwei im Wesentlichen menschliche Aspekte hervorheben: Glaube und Liebe. Er glaubt, dass der Glaube nicht aufgelöst oder zerstört werden kann, er sich wie ein Kristall in der Seele eines jeden von uns bildet und seinen großen Wert ausmacht, und dass, wenn Menschen das Gefühl haben, dass es keine Hoffnung mehr auf der Welt gibt, es so etwas Erhabenes wie die Liebe gibt. Tarkovskys Film basiert auf dem Science Fiction Roman "Picknick am Wegesrand" von Boris Strugazki.







Bewertung: 10 von 10 Punkten. 
 

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