Regie: Paul Leni
Der Dichter und drei Tyrannen...
Der deutsche
Kinematheksverbund wählte "Das Wachsfigurenkabinett" von Paul Leni (mit
Beteiligung von Leo Birinski) aus dem Jahr 1924 auf den 43. Rang der
bedeutendsten deutschen Spielfilme. Paul Leni war auch für die Bauten
verantwortlich. Hollywood Mogul Carl Laemmle entdeckte den deutschen
Filmemacher bei Berlin Reise und nahm ihn für die Universal Pictures
unter Vertrag. Lenis erster Hollywoodfilm war "The Cat and the Canary"
war ein großer Erfolg im Filmjahr 1927. Leider verstarb der deutsche
Regisseur bereits am 2. September 1929 in Los Angeles mit nur 44 Jahren
an einer Herzhautentzündung.
Filmgeschichtlich gehört "Das
Wachsfigurenkabinett" zu den bedeutendsten expressionistischen
Vertretern, die in der Weimarer Republik entstanden sind und lässt sich
auch in die s.g. "Tyrannenfilme" jener Zeit wie "Das Cabinett des Dr.
Caligari (Robert Wiene, 1919), Nosferatu (Friedrich Wilhelm Murnau,
1922) oder "Dr. Mabuse, der Spieler (Fritz Lang, 1922) einordnen. Diese
Filme entstanden alle am Ende einer deutschen Epoche, in der sich die
Volksseele in das Gehäuse des Innern zurückgezogen hat und langsam
wieder die Normalität zurückkehrte. Natürlich nicht für lange, wie uns
die Geschichte gelehrt hat.
Ein junger aufstrebender
Schriftsteller (Wilhelm Dieterle - der später als Hollywood-Regisseur
William Dieterle Karriere machte) soll für den Beistzer eines
Wachsfigurenkabinetts (John Gottowt) schaurige und publikumswirksame
Geschichten zu den ausgestellten Figuren erfinden. Natürlich fällt dem
jungen Schreiber sofort die hübsche Tochter Olga Belajeff) des Besitzers
auf. So nimmt die erste Geschichte in der Phantasie des Schreibers
bereits Gestalt an, denn er sieht sich selbst in Gedanken als den
fleißigen Bäcker Assad, der mit der schönen Zarah (natürlich Olga
Belajeff) verheiratet ist. Doch er fällt - ohne es zu wollen - in
Ungnade beim ersten Tyrannen unserer Geschichte: Dem dicken Sultan Harun
al Raschid (Emil Jannings). Obwohl im Laufe der Handlung zuerst der
Sultan den Kopf von Assad will und später sich das Opfer-Täter Schema
wendet, weil Assad den Sultan töten will, bietet die Geschichte am Ende
ein Happy-End. Weniger glücklich ist der Ausgang der Geschichte vom
zweiten Tyrannen - es ist der misstrauische Zar Iwan der Schreckliche
(Conrad Veidt), Der ist ständig von potentiellen Verrätern umgeben und
als sein Giftmischer (Ernst Legal) denunziert wird, hat auch diesem die
letzte Stunde geschlagen. Genau wie allen anderen Gefangenen im Verließ -
wenn deren Sanduhr abgelaufen ist. Als der Zar zu einem Hochzeitsfest
der Bojaren eingeladen wird, kommt es zu einem Attentat, das der Zar mit
List durchkreuzte. Iwans Ratgeber reden ihm dann ein, dass er
tatsächlich auch vergiftet wurde, wenn eine Sanduhr, auf dem sein Name
steht, abelaufen ist. Vor Angst wird der Tyrann wahnsinnig, wendet
pausenlos die Uhr, um das tödliche Schicksal abzuwenden.
Die dritte Episode ist die
kürzeste und zeigt den Dichter übermüdet vor seinem Manuskript - doch
dann erwacht die Wachsfigur von Jack the Ripper (Werner Krauss)...der
Dichter und sein Mädchen hasetn auf ihrer Flucht an einem ständig
kreisenden Karussel vorbei, während der irre Serienkiller sie in ihrem
Traum verfolgt. Für damalige Zeit eine meisterhafte Wirkung des
Bildes....
Kameramann von "Das
Wachsfigurenkabinett" war der Schweizer Helmar Lerski. Der Film war bald
nach seiner Aufführung so gut wie verloren. Das das Originalnegativ des
Films 1925 auf dem Pariser Zollamt verbrannte, war die Restaurierung
des Films auf zeitgenösssische Kopien angewiesen. So wurde das Material
des British Film Institute National Archive, der Cinematheque francaise,
dem Narodny filmovy archiv Prag und der Cohen Collection bei L´Immagine
Ritrovata Bologna zusammengetragen. Das Hauptelement dieser aufwendigen
Restaurierung war eine direkt von Originalnegativ gezogene, viragierte
und getonte zeitgenössische Kopie auf Cellulose-Nitrat-Basis, die die
schönste Zeicnung und Detailwiedergabe zeigte. In der ersten Episode
sind es vor allem die Bauten, die überzeugen. So wirkt der Sultanspalast
beinahe schon wie ein riesiger, labyrinthhafter Ameisenbau. Auch die
Bauten von Episode 2 - die Folterkammern im Kellergewölbe - sind
beeindruckend.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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