Freitag, 3. April 2020

Das Wachsfigurenkabinett


















Regie: Paul Leni

Der Dichter und drei Tyrannen...

Der deutsche Kinematheksverbund wählte "Das Wachsfigurenkabinett" von Paul Leni (mit Beteiligung von Leo Birinski) aus dem Jahr 1924 auf den 43. Rang der bedeutendsten deutschen Spielfilme. Paul Leni war auch für die Bauten verantwortlich. Hollywood Mogul Carl Laemmle entdeckte den deutschen Filmemacher bei Berlin Reise und nahm ihn für die Universal Pictures unter Vertrag. Lenis erster Hollywoodfilm war "The Cat and the Canary" war ein großer Erfolg im Filmjahr 1927. Leider verstarb der deutsche Regisseur bereits am 2. September 1929 in Los Angeles mit nur 44 Jahren an einer Herzhautentzündung.
Filmgeschichtlich gehört "Das Wachsfigurenkabinett" zu den bedeutendsten expressionistischen Vertretern, die in der Weimarer Republik entstanden sind und lässt sich auch in die s.g. "Tyrannenfilme" jener Zeit wie "Das Cabinett des Dr. Caligari (Robert Wiene, 1919), Nosferatu (Friedrich Wilhelm Murnau, 1922) oder "Dr. Mabuse, der Spieler (Fritz Lang, 1922) einordnen. Diese Filme entstanden alle am Ende einer deutschen Epoche, in der sich die Volksseele in das Gehäuse des Innern zurückgezogen hat und langsam wieder die Normalität zurückkehrte. Natürlich nicht für lange, wie uns die Geschichte gelehrt hat.
Ein junger aufstrebender Schriftsteller (Wilhelm Dieterle - der später als Hollywood-Regisseur William Dieterle Karriere machte) soll für den Beistzer eines Wachsfigurenkabinetts (John Gottowt) schaurige und publikumswirksame Geschichten zu den ausgestellten Figuren erfinden. Natürlich fällt dem jungen Schreiber sofort die hübsche Tochter Olga Belajeff) des Besitzers auf. So nimmt die erste Geschichte in der Phantasie des Schreibers bereits Gestalt an, denn er sieht sich selbst in Gedanken als den fleißigen Bäcker Assad, der mit der schönen Zarah (natürlich Olga Belajeff) verheiratet ist. Doch er fällt - ohne es zu wollen - in Ungnade beim ersten Tyrannen unserer Geschichte: Dem dicken Sultan Harun al Raschid (Emil Jannings). Obwohl im Laufe der Handlung zuerst der Sultan den Kopf von Assad will und später sich das Opfer-Täter Schema wendet, weil Assad den Sultan töten will, bietet die Geschichte am Ende ein Happy-End. Weniger glücklich ist der Ausgang der Geschichte vom zweiten Tyrannen - es ist der misstrauische Zar Iwan der Schreckliche (Conrad Veidt), Der ist ständig von potentiellen Verrätern umgeben und als sein Giftmischer (Ernst Legal) denunziert wird, hat auch diesem die letzte Stunde geschlagen. Genau wie allen anderen Gefangenen im Verließ - wenn deren Sanduhr abgelaufen ist. Als der Zar zu einem Hochzeitsfest der Bojaren eingeladen wird, kommt es zu einem Attentat, das der Zar mit List durchkreuzte. Iwans Ratgeber reden ihm dann ein, dass er tatsächlich auch vergiftet wurde, wenn eine Sanduhr, auf dem sein Name steht, abelaufen ist. Vor Angst wird der Tyrann wahnsinnig, wendet pausenlos die Uhr, um das tödliche Schicksal abzuwenden.
Die dritte Episode ist die kürzeste und zeigt den Dichter übermüdet vor seinem Manuskript - doch dann erwacht die Wachsfigur von Jack the Ripper (Werner Krauss)...der Dichter und sein Mädchen hasetn auf ihrer Flucht an einem ständig kreisenden Karussel vorbei, während der irre Serienkiller sie in ihrem Traum verfolgt. Für damalige Zeit eine meisterhafte Wirkung des Bildes....




Kameramann von "Das Wachsfigurenkabinett" war der Schweizer Helmar Lerski. Der Film war bald nach seiner Aufführung so gut wie verloren. Das das Originalnegativ des Films 1925 auf dem Pariser Zollamt verbrannte, war die Restaurierung des Films auf zeitgenösssische Kopien angewiesen. So wurde das Material des British Film Institute National Archive, der Cinematheque francaise, dem Narodny filmovy archiv Prag und der Cohen Collection bei L´Immagine Ritrovata Bologna zusammengetragen. Das Hauptelement dieser aufwendigen Restaurierung war eine direkt von Originalnegativ gezogene, viragierte und getonte zeitgenössische Kopie auf Cellulose-Nitrat-Basis, die die schönste Zeicnung und Detailwiedergabe zeigte. In der ersten Episode sind es vor allem die Bauten, die überzeugen. So wirkt der Sultanspalast beinahe schon wie ein riesiger, labyrinthhafter Ameisenbau. Auch die Bauten von Episode 2 - die Folterkammern im Kellergewölbe - sind beeindruckend.




Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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