Donnerstag, 15. März 2018

Brazil

























Regie: Terry Gilliam

Schöne neue Welt...

Die von Monthy Python Mitglied Terry Gilliam inszenierte Dystopie "Brazil" war in ihrem Erscheinungsjahr kein profitabler Film. Durch das relativ hoch angesetzte Budget von 15 Millionen Dollar war das Einspielergebnis in den USA leicht unter 10 Millionen Dollar und so warf "Brazil" keine großen Gewinne am Ende ab. Allerdings etablierte sich das schräge Movie sehr schnell zu einem Kultfilm und inzwischen gilt der Science-Fiction Beitrag als Klassiker des Genres und wurde auch in die Liste der 100 besten britischen Filme des British Film Institute auf Platz 54 gewählt. Das Time Out Magazine sieht ihn noch weiter vorne...dort rangiert Gilliams Film auf dem 27. Rang der wichtigsten britischen Filme.
Terry Gilliam setzte gemeinsam mit den Drehbuchautoren Charles McKeown und Tom Stoppard auf eine fiese Mischung aus George Orwells düsterer Zukunfsszenerie "1984" und Franz Kafkas Misstrauen in die Bürokratie.
Diese Mischung wird eingebettet in eine Geschichte, die der 1947 entstandenen Hollywoodkomödie "Teh Secret Life of Mr. Mitty" von Norman Z. McLeod sehr ähnlich ist. Ein Antiheld, der  die Frau seiner Träume vor den größten Gefahren retten. In diesen Tagträumen kämpft Sam Lowry (Jonathan Pryce), ein kleiner unauffälliger Angegestellter aus dem Archiv der Abteilung für Informationswiederbeschaffung, gegen eine Übermacht von Feinden, die viel größer und mächtiger sind als er. Ein japanischer Terrakotta-Krieger fordert ihn zum Duell heraus, tatsächlich gelingt es ihm mit seinen Flügeln als Sieger des Kampfes hervorzugehen und mit seiner blonden Angebeteten schwingt er sich in die Lüfte und fliegt mit ihr ins Glück.
Die Realität sieht aber etwas anders aus. Immerhin hat er eine Arbeit beim allmächtigen Informationsministerium und wird von seinem Chef Mr. M. Kurtzmann (Ian Holm) hochgeschätzt, weil er dessen Fehler und Inkompetenz immer wieder ausbügeln kann. Sichtlich ist Sam Lowry überfordert, will aber gar keine Beförderung - er fühlt sich dort im Archiv sehr wohl. Seine Mutter Mrs. Ida Lowry (Katherine Helmond) ist aber eine einflussreiche Persönlichkeit, die Connections bis nach ganz oben in die höchsten Kreise hat. Wenn sie nicht gerade mit ihrer Freundin Alma Terrain (Barbara Hicks) in Sachen Kosmetikoperationen konkurriert, dann lässt sie schon mal ihren Einfluss spielen, damit der Sprössling in der Bürokratie-Hirarchie entscheidend aufsteigen kann. Die beiden Schönheits-OP süchtigen Ladys forcieren auch heimlich das Zustandekommen einer Freundschaft zwischen Sam und Mrs. Terrains mauerblümchenmässigen Tochter Shirley (Katherine Pogson). Ansonsten lassen die beiden Damen sich von Dr. Louis Jaffe (Jim Broadbend) kosmetisch verjüngen.
Unmittelbar in Lowrys brokratischem Wirkungskreis wird eine Kette von weitreichenden Ereignissen durch einen grotesken Fehler im System des unfehlbaren Informationsministeriums ausgelöst. Eine tote Fliege hat diesen Systemfehler verursacht. Durch diese Fliege wird nicht der mutmaßliche Terrorist Tuttle (Robert de Niro) sondern der unbescholtene Schuhmacher Buttle (Brian Miller) verhört und zu Tode gefoltert. Und aussergerechnet an Weihnachten.  Buttles Nachbarin Jill Layton (Kim Greist) hat diese Verhaftung hautnah miterlebt und ist seither "systemkritisch". Gegen solche subversiven Elemente geht der Staat rigoros vor, denn die Terrorbomben, die überall in der Stadt hochgehen, vermehren sich - aber letztendlich ist es die Liebe zu Jill, die aussieht wie die Traumfrau seiner Träume und die Lowry zum Rebellen macht. Am Ende sitzt der romantische Held, der lateinamerikanische alte Schlager liebt, auf dem Folterstuhl und sein bester Freund Jack Lint (Michael Palin) muss den Folterknecht spielen. Macht er, denn schließlich ist er ein leitender Angestellter des Regimes...





Optisch gleitet "Brazil" in einigen Szenen in Noir Gefilde ab, was dem Film aber zusätzlich noch eine stärkere Dusterness verleiht. Der Film strotzt nur so von überschäumenden und schwarzhumorigen Einfällen. Gilliam wollte den Film ursprünglich 1984 1/2 nennen und kombiniert die Faschismus-Satire auch mit einer großen Portion Kritik am heutigen Konsumverhalten und nimmt auch die heutzutage immer größere bis teilweise wahnsinnig agierende Burokratie aufs Korn. Markant auch die Herausstellung von eisernen Käfigen, in denen sich der Mensch der nahen Zukunft gefangen, aber offensichtlich auch wohl fühlen kann. Unvergessen bleibt für mich auch Katherine Helmond als Sams durchgeknallte Mom.





Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

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