Regie: Ben Wheatley
Vom Verfall einer Gemeinschaft....
Ben Wheatley gilt seit seinen drei geglückten Überraschungshits "Kill List" (2011), "Sightseers" (2012) und "A field in England" (2013) nicht nur als Enfant Terrible des neuen britischen Films, er dürfte auch einer der interessantesten neuen Regisseure auf der Insel sein. Auch seine Verfilmung "High Rise" des gleichnamigen dystopischen Romans von J. Gl Ballard löste interessante Diskussionen aus. Die Geschichten von Ballard sind oft schräg - Cronenberg verfilmte beispielsweise im Jahr 1996 den Roman "Crash". Und an David Cronenbergs "Shivers" erinnert "High Rise" auch immer wieder. Leider verzettelt sich Wheatley gesamthaft mit dieser Science Fiction Verfilmung über den menschlichen Zerfall. Einerseits ist dieser düstere Ausflug in die Abgründe des menschlichen Zusammenlebens sehr interessant gestaltet, aber auf dem Höhepunkt des Treibens verliert der Zuschauer ebenso den Überblick wie die Protagonisten und wie der Regisseur. Dabei brilliert aber Tom Hiddleston als englischer Gentleman in seiner bislang besten Rolle.
Provokativ fängt "High Rise" an, denn der Psychiater Dr. Robert Laing (Tom Hiddleston) sitzt auf der oberen Terasse des verwüsteten Hochhauses (dem Turm), er ist zufrieden, weil er den sibirischen Husky des Architekten und Hausbesitzers Anthony Royal (Jeremy Irons) verspeist. Der Zuschauer erfährt dann in der Rückblende, wie dieses anarchistische Treiben im Hochhaus vor etwa 3 Monaten begann. Am Stadtrand befindet sich dieser imposante vierzigstöckige Hochhaus-Turm. Für den smarten, frisch geschiedenen und wohlhabenden Arzt Dr. Laing genau das Richtige. Das Hochhaus bietet allen Mietern Schwimmbad, Fitnessraum, Supermarkt und sogar eine Grundschule. Im Grunde muss man das Gebäude gar nicht mehr verlassen. (Dieses Szenario löst in Gedanken tatsächlich einen echten Horror aus). Das Haus ist der inbegriff von neuem modernen Wohnen. Dabei sind die Stockwerke von oben nach unten hierarchisch geordnet. Die oberste Schicht wohnt auch ganz oben, die mittleren in der Mitte und die Unterschicht lebt unten.
Laing hat es immerhin in den 25. Stock geschafft - obere Mittelschicht sozusagen. Und er geht auch schnell eine Beziehung mit der alleinstehenden Mutter Charlotte Melville (Sienna Miller) ein. Mit deren intelligenten Jungen Toby (Louis Sac) hat er gleich einen recht guten Kontakt. Mit dem unbeherrschten Richard Wilder (Luke Evans) und seiner Frau Helen (Elisabeth Moss) freundet er sich ebenfalls an.Bald kommt es im Haus zu Streitigkeiten zwischen den Schichten. Die Müllschächte verstopfen sich immer öfters, das Wasser ist abgeschaltet, es kommt zu Stromausfällen. Und dann setzt sich auch bald ein Klassenkampf ein. Als Laings Student Munrow (August Prew) von der 39. Etage in den Tod springt, eskaliert die Situation total....
Wheatley gelingt es vor allem im ersten Teil des Films die immer weniger geltenden Pfeiler Recht und Ordnung aufzulösen und für eine beklemmende Auswegslosigkeit zu sorgen. Der Horror scheint auch von diesem sonderbaren Turm selbst auszugehen. Die Gewalt wird was ganz normales. Es wirkt auch so, als hätten in diesem Spannungsfeld schon einige der Bewohner geistige Störungen. So auch Laing, der von der Hausgemeinschaft am Ende der Geschichte genötigt wird, eine Lobotomie vorzunehmen. Leider herrscht am Ende Chaos, aber vielleicht ist es ja dieser horrorartigen Science Fiction Geschichte geschuldet, dass nichts anderes herauskommen kann als das pure Chaos. Und dies alles visualisiert als eine eher gepflegte Form von Anarchie. Mir persönlich waren die späteren Szenen des Films alle ein bisschen zu abstrakt und emotional hat mich dieser Film leider nicht gepackt. Auch wenn das Szenenbild von "High Rise" (Szenenbilder: Mark Tildesley/Ausstattung Paki Smith) sehr gut gelungen ist. Vielleicht muss man auch gerade für diesen Film in einer ganz bestimmten Stimmung sein, damit er wirken kann.
Bewertung: 6,5 von 10 Punkten.
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