Regie: Sion Sono
Surreale Welt...
Sion Sono ist neben Tetsuya Nakashima (World of K...,Geständnisse) sicherlich einer der interessantesten Regisseure Japans. Von seinem 2008 gedrehten monumentalen Coming of Age und Liebesfilm "Love Explosure" war ich sehr begeistert, auch der horrorartige Serienkillerfilm "Cold Fish" aus dem Jahr 2010 war ein extrem guter Genrebeitrag. Auch wenn sein 2015 gedrehter Film "Tag" (Riaru Onigokko) ein blutiges Gedicht in phasenweise erlesenen Bildkompositionen bietet, empfinde ich diesen Film lediglich als kleine Fingerübung des Filmemachers.
"Tag" beginnt mit einem Paukenschlag von einer Szene, die so poetisch subtil beginnt und am Ende in ihrer Gewalt kaum zu überbieten ist. Denn die fröhliche Busfahrt, die der Zuschauer zu sehen bekommt, zeigt eine Klasse von Schulmädchen an einem wunderbar sonnigen Tag. Lebensfreude pur wird vermittelt.
Die beiden Busse mit Schülerinnen einer Mädchenschule fahren eine idyllische Landstraße entlang. Alle sind entspannt, machen eine absurde Kissenschlacht, bis auf die stille Mitsuko (Reina Triendl) . Sie schreibt Gedichte, wobei ihr der Stift runterfällt. Das rettet ihr Leben, denn in dem Moment, in dem sich Mitsuko nach dem Stift beugt, zerschneidet ein mörderischer Wind beide Busse in zwei Hälften. Alle Mädchen und Betreuerinnen werden halbiert. Der Wind macht nun auch Jagd auf die einzige Überlebende Mitsuko. Auf der Flucht werden noch ein paar Radfahrerinnen halbiert. Sie reinigt ihre blutverschmierte Schuluniform am See und trifft wieder auf ihre Freundinnen Aki (Yuki Sakurai), Sur (Ami Tomite) und Taeko (Aki Hiraoka). Sie scheint den Horror nur geträumt zu haben. Mit den Freundinnen schwänzt die erste Schulstunde und die vier verbringen eine Stunde am See. Sur jedoch macht Andeutungen über Mitsukos Schicksal. Sie fragen sich, ob das Schicksal vorherbestimmt ist und lassen dabei eine weiße Feder auf den Boden fallen. Als sie zur Schule zurückkehren, beginnen die beiden Lehrerinnen mit Maschinenpistolen in die Menge der schockierten Schulmädchen zu schließen. Wieder wird um das Leben gerannt. Im Laufe der Flucht wird aus Mitsouko eine andere Person. Sie hat sich in die etwas ältere Keiko (Mariko Shinoda) verwandelt, die kurz vor ihrer Hochzeit steht. Doch - oh Schreck - der Bräutigam ist ein Eber. Wieder davonlaufen und eine weitere Verwandlung passiert. Aus Keiko wird Izumi (Erina Mano), die an einem Marathonlauf der Schule teilnimmt. Es deutet sich möglicherweise an, dass sie selbst die virtuelle Hauptfigur in einem gewalttätigen 3D-Survival Horrorvideospiel namens "Tag" sein könnte. Am Ende erst führt der Weg in die "Mens World" Stadt, erst dort erscheinen Männer. Vorher war der surreale Traum eine Welt der Frauen...
In dieser Traumrealität gibt es aber keine Logik. Zeitschleifen, Körperwechsel und abrupte Ortswechsel finden statt. Immer auch wieder durchträngt mit Blut. der Film versucht nie logisch zu sein. Spontan wird man etwas an Godards umstrittenen Film "Week-End" erinnert, auch dort liegen überall Leichen herum. Aki gibt dabei Ratschläge wie sich Mitsouko verhalten könnte. Das Schicksal austricksen, indem man etwas völlig unerwartetes tut. Um diesen Film genießen zu können, darf man sich kaum mit Fragen oder Logik herantasten. Einen tieferen Sinn erkennt man nicht. So kann der Film ausschließlich über die Bilder in diesem Highschool Splatter Film überzeugen. Etwa dann, wenn Mitsouko versucht vor dem schneidenden und tödlichen Wind zu fliehen. Vor allem die erste Hälfte ist da sehr gut gemacht, durch den Identitätswechsel verliert der Film auch stellenweise eine haltgebende Struktur.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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