Regie: Jordan Peele
Rassenvampirismus, Hypnose und Gehirntransplantationen...
50 Jahre nach nach Stanley Kramers Filmerfolg "Rat mal, wer zum
Essen kommt" bekommt dieser Klassiker über den versteckten Rassismus in
liberalen, großbürgerlichen Kreisen der amerikanischen Gesellschaft ein
fieses und galliges Update. Regie in "Get out" führte der US-Komiker
Jordan Peele, der genau das gleiche Grundgerüst wie Kramers Film
aufweist: Eine junge weiße Amerikanerin stellt bei einem Wochenendbesuch
ihren neuen Freund - einen Afroamerikaner - ihren liberalen,
vermögenden Eltern vor. Damals spielten Sidney Poitier, Katherine
Houghton, Spencer Tracy und Katharine Hepburn diese Rollen. Jordan Peele
setzte dagegen eher auf neue Gesichter. Und sein Film geht auch bald in
eine horrorartige Richtung.
Der New Yorker Fotograf Chris Washington (Daniel Kaluuya) ist
liiert mit der hügschen Rose Armitage (Allison Williams) und das Mädchen
möchte ihren neuen Boyfriend auch ihren Eltern vorstellen.
"Wissen deine Eltern, dass ich schwarz bin ?" fragt Chris vor dem
ersten Wochenendausflug zu Roses Familie, doch Rose antwortet mit einer
Frage "Sollten sie ?" Dann verrät sie ihrem attraktiven Lover, dass ihr
Vater (Bradley Whitford) Präsident Obama auch ein drittes Mal gewählt
hätte. Also kein Grund zur Sorge. Nur Chris Freund Rod Williams (Lil Hel
Howery), der sich solange um Chris Hund kümmert, ist skeptisch - Rod
ist Mitarbeiter der TSA (Bundesbehörde im Geschäftsbereich des
Ministeriums für innere Sicherheit). Dann setzt sich das junge Paar ins
Auto und fährt auf den Landsitz irgendwo in Upper State New York. Vater
Dean ist ein angesehener Neurochirurg, Roses Bruder Jeremy (Caleb Landry
Jones) will in die Fußstapfen seines Dads treten und ist
Medizinstudent. Missy Armitage, die Mutter (Catherine Keener) ist eine
Psychiaterin, die auch fundierte Kenntnisse in Psychose hat. Der Empfang
ist zunächst herzlich, auch wenn die Armitages schon recht sonderbar
wirken. Auch das Hauspersonal ((Marcus Henderson und Betty Gabriel) -
schwarz und devot - verhält sich mehr als merkwürdig. Mit der Zeit
bemerkt Chris auch, dass es für Roses Eltern trotzt der liberalen
haltung anstrengend ist, sich auf ihn - den neuen Freund der Tochter -
wirklich einlassen zu können. Beim Abendessen gibt es sogar einen
unschönen Zwischenfall mit Jeremy, der etwas angetrunken gegen Chris
ausfällig und beleidigend reagiert.
So steht der Besuch lange nicht mehr unter einem guten Stern, er
unterdrückt aber seinen Impuls sofort abzureisen und übernachtet seiner
Freundin zuliebe. In dieser Nacht kann er kaum schlafen und verlässt das
Haus. Auf dem riesigen Grundstück der Armitages will er eine Zigarette
rauchen. Obwohl die Familie bereits eindringlich das Rauchen verteufelt
hat. Wieder im Haus angekommen, sieht er, dass Roses Mom noch wach ist.
Die hat bemerkt, dass Chris seine Nikotinsucht nicht mehr unterdrücken
konnte und bietet ihm an sofort rauchfrei zu sein - dank ihrer
Tiefen-Hynose. In dieser Sitzung verrät Chris etwas über den Tod seiner
Mutter, ein echtes Trauma und er hat das Gefühl, dass diese
Hynosetechnik ihn vollständig paralysieren konnte. Am anderen Morgen
wacht er auf und zahlreiche Gäste treffen auf dem Landsitz ein. Der
Besuch bei den Eltern fällt zeitgleich auf ein jährliches Treffen gut
situierter Akademiker aus dem Freundeskreis, zu Ehren von Roses
verstorbenem Großvater. Die Gäste sind ausschließlich weiß...nur einen
"Bruder" entdeckt Chris, doch der dunkelhäutige Logan King (Lakeith
Stanfield) ist genauso unterwürfig wie die Dienstboten. Nun weiß Chris,
dass hier eine ganz krumme Sache am Laufen ist....
Im Horrorgenre ist "Get out" sicherlich die Überraschung des
Jahres. Ein Komiker macht den besten Beitrag dieses Jahres in dieser
Sparte. Die Zuschauer waren begeistert und so kommt der Film, der mit
einem überschaubaren Budget von 5,4 Millionen Dollar realisiert wurde,
über 170 Millionen Dollar Umsatz an der Kinokasse machen.
Als Zuschauer hat mich "Get out" sehr stark an den Horrorklassiker
"Die Frauen von Stepford" erinnert und kann als Satirebeitrag über den
unterschwelligen Rassismus der liberalen Wohlstandsgesellschaft in
Amerika richtig gut punkten. Darüberhinaus ist "Get out" richtig
spannend und Hauptdarsteller Daniel Kaluuya spielt sehr überzeugend.
Dadurch ist das Mitfiebern gesichert, wenn es darum geht dem weißen
Horror zu entgehen. Gut gewählt auch die Filmbösewichte - sie alle sind
vordergründig sehr freundlich und liebenswürdig. Es ist auch
verblüffend, wie viele Fragen zu diesem Themenkreis "Rassismus in den
USA" sich mit Peeles eigentlich sehr simpler Grundidee auftauchen.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.