Regie: Vincent Lannoo
Elisabeths Rache...
Der belgische Rachekrimi "In the Name of the Son" aus dem Jahr 2012
heißt im Original "Au nom du fils" und wurde inszeniert von Vincent
Lannoo. Die Geschichte steckt voller Sarkasmus und thematisiert in sehr
unkonventioneller Weise die zahlreichen Missbrauchsskandale und
Enthüllungen der katholischen Kirche und seiner Priester.
Anders
als vielleicht der Klappentext und das DVD Cover suggeriert, liefert
der Macher einen ernstzunehmenden Beitrag über Doppelmoral und
Heuchelei. Der Film ist nicht vulgär, brutal oder hirnbefreit, wie man
vielleicht meinen könnte. Im Gegenteil: Die Geschichte ist zwar
vollbesetzt mit gutem Sarkasmus, aber die Schilderungen vom etwas
gehobenen Familien- und Gemeindeleben der engagierten katholischen
Christin Elisabeth (Astrit Whetnall) gestaltet sich sensibel und
behutsam. Das Leben scheint in bester Ordnung zu sein und mit Jesus als
Begleiter geht alles noch viel, viel besser. Sie ist scheinbar glücklich
verheiratet mit einem liebenden Mann (Serge Swysen) hat zwei gut
erzogene Söhne und moderiert eine christliche Radioshow mit dem Namen
"Das lebende Wort". Eine engagierte Frau, die ständig für die
Kirchengemeinde arbeitet und bei den Priestern beliebt ist. Father Taon
(Philippe Nahon) hält große Stücke auf sie. Das Unheil beginnt damit,
dass Elisabeth den jungen italienischen Priester Achille (Achille
Ridolfi) bei sich wohnen lässt. Als sich ihr Mann bei der Ausbildung der
gläubig-militanten Wehrsportgruppe "Soldaten von Pius XII" aus Versehen
in den Schädel schießt, ist starker Glaube und größte Kraft gefragt.
Der etwas sensible 13 Jahre alte Sohn Jean-Charles (Zacharie
Chasseriaud) kann den Tod des Vaters nicht so leicht verkraften und
landet in den tröstenden Armen des jungen Paters. Und daraus wird mehr.
Eines Tages outet er sich während der Radio Sendung bei seiner Mutter
und gibt an sich in den Priester verliebt zu haben. Zuhause jagt er sich
eine Kugel in den Kopf. Nach der Trauer folgt eine Kehrtwende in ihrem
Glaubensleben.
Außer sich vor Empörung wendet sie sich an die
Kirche, um den pädophilen Geistlichen zur Verantwortung zu ziehen. Daran
hat man jedoch nur wenig Interesse, möchte lieber alles unter den
Teppich kehren, damit die Öffentlichkeit nichts davon mitbekommt. Und so
beschließt Elisabeth, während eines Besuchs beim Bischof, sich spontan
dazu, sich selbst der Sache anzunehmen...
was folgt ist ein
blutiger Rachefeldzug gegen all jene die sich im Namen des Herrn schwer
versündigen. Der Filmemacher hat es sichtlich darauf abgesehen mit
diesen Themen etwas Unruhe zu stiften bzw. die Skandale der letzten
Monate und Jahre nicht vergessen zu lassen. Nicht nur die systematisch
sexuellen Übergriffe werden aufgegriffen, die schrecklichste Erkenntnis
darf dann auch der Bischof artikulieren, doch bei soviel
Verantwortungsumkehr (er macht das jugendliche Opfer zum sexuell
aggressiven Täter) und Geheimbündelei tut es unserer Elisabeth sichtlich
gut, dass sich noch während der Unterredung die blutige Eruption
entlädt. Es ist aber erst ein Anfang. Ab hier wird der Feldzug der Rache
mit viel Blut eingeleitet. Vincent Lannoo setzt dabei aber
interessanterweise auf eine extrem ruhige Inszenierung dieser Aktionen.
Faszinierend wie zurückhaltend diese Passagen gemacht wurden. Das heikle
Thema bietet sich natürlich als Drama an, aber der Regisseur kennt die
Momente genau, wo er weiß, dass er seine Story nun genüsslich ins
Absurde ziehen kann und damit die Tragödie genau auf den Punkt bringt.
Neben
dem genialen irischen Priesterdrama "The Calvary" von John Michael
McDonagh ist diese belgische Groteske der zweite bestens geglückte
Spielfilm dieses Jahres zum Themenkreis "Kirche".
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.
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