Mittwoch, 29. Juli 2015

Der Junge und sein Hund

























Regie: L.Q. Jones

Apocalpypse 2024...

L.Q.Jones ist ein 1927 geborener amerikanischer Schauspieler, der vor allem durch kleine Rollen in Western und Sam Peckinpah-Filmen bekannt wurde. 1975 hat er mit "A Boy and his Dog" einen Film als Regisseur inszeniert. Durch sein Ende wurde der Science Fiction Film inzwischen zum regelrechten Kultfilm. Wobei man wahlweise darüber streiten kann, ob das Endzeitszenario nun besonders frauenfeindlich oder aber besonders tierfreundlich ist. Dabei spielt der Film in einer alternativen Zeitlinie und basiert auf der Kurzgeschichte von Harlan Ellison. Zumindest spielt der Film in einer apokalyptischen Endzeit (daher auch der deutsche Alternativ-Titel "Apocalypse 2024") und weicht in der Erzählung von der uns bekannten Weltgeschichte deutlich ab. Denn im Jahr 2024 sind inzwischen 17 Jahren nach dem vierten Weltkrieg zwischen dem Ost- und dem Westblock vergangen. Vor diesem war der Kalte Krieg und der dritte Weltkrieg, der von 1950 bis 1983 dauerte und mit dem Vatikanischen Friedensvertag endete. Nach einer friedlichen Zeit von 24 Jahren kam es 2007 zum Weltkrieg Nr. 4, der nur noch 5 Tage dauerte - solange dauerte es bis alle Atomwaffen abgefeuert waren. Dann war Endzeit und Wüste. In diesem nuklearen Holocaust lebt der junge Vic (Don Johnson). Sein Begleiter ist der alte Hund "Blood", der aufgrund einer Mutation die Fähigkeit besitzt mit dem etwas ungehobelten Vic zu sprechen. Nahrung ist knapp, aber es herrscht auch noch ein anderer Mangel. Die Frauen sind knapp geworden und Vid befindet sich daher ständig auf der Suche nach den so rar gesähten Frauen um seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Es herrscht das Gesetz der Stärkeren und überall lauern Banden. Doch Vic wird auch vom Undergrund aus beobachtet. Während eines netten Kinoabends mit Popcorn spürt Blood mit seinem gutem Riecher eine Frau auf, die sich dort als Mann getarnt aufhalten muss. Vic ist nicht mehr zu halten und folgt ihr um sie zu vergewaltigen. Das Mädchen heißt Quilla June Holmes (Susanne Benton) und steigt in ein unterirdisches Gebäude ein. Dort in solchen Gebäuden lauert meistens Gefahr durch die "Jauler" - das sind grün leuchtende Wesen, deren Berührung tödlich sein kann. Die sind aber zum Glück nicht da, aber eine Bande von Männern ist Vic gefolgt und will nun das Mädchen. Nur mit Kampf kann entschieden werden. Quilla gibt Vic zu verstehen, dass sie ihn sehr mag und mit ihm ein gemeinsames Leben aufbauen will. Doch sie will dieses Leben nicht auf der gefährlichen Oberfläche führen, sondern will Vic mit in ihre Zivilisation mit nehmen. So kommt es durch das Mädchen zur Trennung von Herr und Hund. Aber Blood will noch eine Weile dort oben am Eingang auf Vic warten. Dort in der Unterwelt, die zuerst durch riesige unterirdische Fabrikkomplexe führt, existiert das Land "Topeka" - eine bizarre, bunte, laute und schrille Unterwelt, die von einem Komitee beherrscht wird. Dort wird er erstmal von dauergrinsenden und kräftigen Michael (Hal Baylor) in einem großen Badzuber gewaschen. Alle Menschen, die dort unten leben tragen typische amerikanische Farmerkleidung der 20er und 30er Jahre, also Strohut, rot karierte Hemden und blaue Latzhosenjeans. Dazu passt besonders ein ganz in weiß geschminktes Clowngesicht. Über Lautsprecher werden banale Lebensweisheiten verbreitet, im Wechsel mit leckeren Kuchenrezepten. Vic soll dort unten die Frauen schwängern, so zumindest will es das Komitee (u,a,Helen Winston, Jason Robards) so. Klar, dass Vic sehr bald wieder auschecken will. Aber die Flucht ist mit der Todesstrafe belegt...



LQ. Jones hat mit "Der Junge und sein Hund" ein ziemlich originelles und abgefahrenes Science Fiction Movie gedreht, dass tatsächlich mit einem coolen Ende aufwartet und dadurch auch im Gedächtnis haften bleibt. Für den damals 25jährigen Don Johnson war es der erste große Erfolg. Für die Rolle des jungen, respektlosen Vic gewann er den Saturn Award als bester Darsteller. Der Film selbst war auch in der Kategorie "Bester Science Fiction Film"nominiert - verlor aber gegen Norman Jewisons "Rollerball".



Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Freitag, 24. Juli 2015

Das verborgene Gesicht

























Regie: Andres Baiz

Die Gesichter vor und hinter dem Spiegel...

"Das verborgene Gesicht" heißt im Original "La Cara Oculta" und ist eine spanisch-kolumbianische Gemeinschaftsproduktion, inszeniert im Jahr 2011 von von Andres Baiz. Die kolumbianische Regiehoffnung hat auch das Drehbuch mitgeschrieben.
Damit ist ihm in weiten Teilen ein ruhiger und interessanter Thriller gelungen, der erst nach 45 Minuten seinen Plot bekannt gibt und durch diese Wendung immer mehr der Film über zwei Frauen wird, die den selben Mann lieben. Dieser Mann ist der spanische Dirigent Adrian (Quim Gutierrez), der genau weiß wie er auf das andere Geschlecht wirkt. Der Mann, der ein Engagement bei den Philharmonie in Bogota hat, flirtet gerne, so auch mit Cellistin Veronica (Marcela Mar). Dies dürfte vielleicht auch der Grund des Verschwindens seiner Freundin Belen (Clara Lago), die wir zum Beginn des Film in einer Videobotschaft sehen. Sie hat das Haus verlassen, dass das frisch verliebte Paar von der Deutschen Emma (Alexandra Stewart) gemietet hat und nun ist das Glück schon zu Ende, denn vor der Kamera teilt sie ihn mit, dass sie ihn zwar sehr liebt, aber ihn dennoch verlässt.
Nun der attraktive Mann ist nicht lange alleine. Als er sich als Verlassener verzweifelt in einer Bar betrinkt, lernt er die hübsche Kellnerin Fabiana (Martina Garcia) kennen. Sie nimmt ihn nach einer Schlägerei, die er provoziert hat, mit zu sich nach Hause - natürlich knistert es. Währenddessen ermittelt aber die Polizei in Sachen Belen, keiner weiß wo die Frau abgeblieben ist. Fabiana zieht als Ersatz ins riesige Miethaus und hat sofort das Gefühl, dass es im Haus einen Geist gibt. 
Im Badezimmer scheint sie Geräusche wahrzunehmen, es hört sich so an, als würden sie vom Abfluss des Waschbecken herauf ertönen. Auch der Hund Hans, der besonders an Belen hing, benimmt sich eigenartig. Während Fabiana badet, schlägt das Wasser plötzlich Wellen. Was passiert in diesem Haus und was verbirgt sich hinter den geheimnisvollen Spiegeln des Hauses ?


Geschickt setzt Andres Baiz auf gezielten Einsatz von Suspence und erreicht dies interessanterweise durch den Einsatz dieser Spiegel. Dies erzeugt ein spannungs- und facettenreiches Drama um Voyeurismus und Klaustrophobie, denn die Handlung findet abwechselnd von zwei verschiedenen Blickwinkeln statt. Dieser Effekt sorgt für ein geheimnisvolles Vexierspiel zwischen Innen- und Außenwelt. Ein Liebespaar wird beobachtet, denn ein geheimer Raum gewährt durch zwei halbdurchlässige Spiegel Sicht auf das Schlafzimmer und auf das angrenzende Bad. In einem angedachten Versteck, einem Panic Room, von einem Altnazi erbaut, das nun zum Gefängnis geworden ist, agiert der Voyeur. Aber damit ist die Handlung aus den geschickt verschachtelten Erzählsträngen noch nicht zu Ende. Denn die neugierige Fabiana beginnt mit ihrem Geist, den sie im Haus vermutet, zu kommunizieren und der Zuschauer bekommt Einblick in die interessante Frage, welche Kräfte im Menschen stärker und welche schwächer wirken. Zumal die Hilfe, die jemand dringend zum Überleben benötigen würde, mit dem Fortbestehen der Beziehung kollidieren würde. Warum ? Weil die Liebe besser funktioniert ohne lästige Konkurrenz. Die Handlungen der drei Protagonisten sind geprägt von Selbstsucht, Misstrauen und Rücksichtslosigkeit. Am Ende sorgt eine erneute Affäre des Mannes für eine neue Dynamik. Wie sie verlaufen wird, dass überlässt der fähige Regisseur der Gedankenwelt des Zuschauers.

Bewertung: 8 von 10 Punkten.

In the Name of the Son

























Regie: Vincent Lannoo

Elisabeths Rache...

Der belgische Rachekrimi "In the Name of the Son" aus dem Jahr 2012 heißt im Original "Au nom du fils" und wurde inszeniert von Vincent Lannoo. Die Geschichte steckt voller Sarkasmus und thematisiert in sehr unkonventioneller Weise die zahlreichen Missbrauchsskandale und Enthüllungen der katholischen Kirche und seiner Priester.
Anders als vielleicht der Klappentext und das DVD Cover suggeriert, liefert der Macher einen ernstzunehmenden Beitrag über Doppelmoral und Heuchelei. Der Film ist nicht vulgär, brutal oder hirnbefreit, wie man vielleicht meinen könnte. Im Gegenteil: Die Geschichte ist zwar vollbesetzt mit gutem Sarkasmus, aber die Schilderungen vom etwas gehobenen Familien- und Gemeindeleben der engagierten katholischen Christin Elisabeth (Astrit Whetnall) gestaltet sich sensibel und behutsam. Das Leben scheint in bester Ordnung zu sein und mit Jesus als Begleiter geht alles noch viel, viel besser. Sie ist scheinbar glücklich verheiratet mit einem liebenden Mann (Serge Swysen) hat zwei gut erzogene Söhne und moderiert eine christliche Radioshow mit dem Namen "Das lebende Wort". Eine engagierte Frau, die ständig für die Kirchengemeinde arbeitet und bei den Priestern beliebt ist. Father Taon (Philippe Nahon) hält große Stücke auf sie.  Das Unheil beginnt damit, dass Elisabeth den jungen italienischen Priester Achille (Achille Ridolfi) bei sich wohnen lässt. Als sich ihr Mann bei der Ausbildung der gläubig-militanten Wehrsportgruppe "Soldaten von Pius XII" aus Versehen in den Schädel schießt, ist starker Glaube und größte Kraft gefragt. Der etwas sensible 13 Jahre alte Sohn Jean-Charles (Zacharie Chasseriaud) kann den Tod des Vaters nicht so leicht verkraften und landet in den tröstenden Armen des jungen Paters. Und daraus wird mehr. Eines Tages outet er sich während der Radio Sendung bei seiner Mutter und gibt an sich in den Priester verliebt zu haben. Zuhause jagt er sich eine Kugel in den Kopf. Nach der Trauer folgt eine Kehrtwende in ihrem Glaubensleben.
Außer sich vor Empörung wendet sie sich an die Kirche, um den pädophilen Geistlichen zur Verantwortung zu ziehen. Daran hat man jedoch nur wenig Interesse, möchte lieber alles unter den Teppich kehren, damit die Öffentlichkeit nichts davon mitbekommt. Und so beschließt Elisabeth, während eines Besuchs beim Bischof, sich spontan dazu, sich selbst der Sache anzunehmen...



 was folgt ist ein blutiger Rachefeldzug gegen all jene die sich im Namen des Herrn schwer versündigen. Der Filmemacher hat es sichtlich darauf abgesehen mit diesen Themen etwas Unruhe zu stiften bzw. die Skandale der letzten Monate und Jahre nicht vergessen zu lassen. Nicht nur die systematisch sexuellen Übergriffe werden aufgegriffen, die schrecklichste Erkenntnis darf dann auch der Bischof artikulieren, doch bei soviel Verantwortungsumkehr (er macht das jugendliche Opfer zum sexuell aggressiven Täter) und Geheimbündelei tut es unserer Elisabeth sichtlich gut, dass sich noch während der Unterredung die blutige Eruption entlädt. Es ist aber erst ein Anfang. Ab hier wird der Feldzug der Rache mit viel Blut eingeleitet. Vincent Lannoo setzt dabei aber interessanterweise auf eine extrem ruhige Inszenierung dieser Aktionen. Faszinierend wie zurückhaltend diese Passagen gemacht wurden. Das heikle Thema bietet sich natürlich als Drama an, aber der Regisseur kennt die Momente genau, wo er weiß, dass er seine Story nun genüsslich ins Absurde ziehen kann und damit die Tragödie genau auf den Punkt bringt.
Neben dem genialen irischen Priesterdrama "The Calvary" von John Michael McDonagh ist diese belgische Groteske der zweite bestens geglückte Spielfilm dieses Jahres zum Themenkreis "Kirche".



Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.

Mittwoch, 22. Juli 2015

Der Frau in Schwarz 2 - Engel des Todes


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Regie: Tom Harper
 
Der Geist von  Jennet Humfrye.... 
 
Seit 2007 sind die Hammer Films wieder aktiv im Filmgeschäft und produzieren neue Filme für das Genre, mit dem sie berühmt geworden sind und unvergessene Klassiker wie "Dracula" (1958), "Frankensteins Fluch" (1957), "Ein Toter spielt Klavier" (1961) "Nächte des Grauens" (1965) oder "Gruft der Vampire" (1970) schufen. Die neuen Filme heißen "Wake Wood", "Let me in" oder "The Quiet Ones" und der bisher erfolgreichste Film der neuen Generation wurde überraschend "Die Frau in Schwarz" - ein mit  Daniel Ratcliffe in den Hauptrollen besetzer klassischer Geisterhaus-Grusler mit starker britischer Handschrift. Inszeniert wurde der Film von 2012 von James Watkins, er kostete 15 Millionen und spielte sagenhafte 127 Millionen Dollar ein. Natürlich lag es da nahe, dass ein Nachfolgefilm her musste - zumal ja die Hammer Films auch schon früher ihren erfolgreichen Filmen immer wieder auch starke Fortsetzungen folgen liessen. So sind Nachfolger von "Dracula" bei den Fans gleichermassen geschätzt - ob es sich nun um den genialen "Blut für Dracula" oder um den Blutsauger Ausflug "Dracula jagt Mini Mädchen" ins Swinging London handelt.
Auch der Nachfolger von "Die Frau in Schwarz" kann sich sehen lassen - auch wenn der Erfolg an der Kinokasse nicht ganz so üppig ausgefallen ist. Möglicherweise war da Harry Potter Darsteller Daniel Ratcliffe schon ein echtes Zugpferd, viele wollten mal sehen, was für eine Figur er in einem Horrorfilm macht.
Ausstattungstechnisch bewegt sich aber auch Teil 2 "Die Frau in Schwarz - Engel des Todes" auf hohem Niveau. Auch die Kameraarbeit von Georg Steel ist hervorragend. Leider hatte Regisseur Tom Harper nicht unbedingt das beste Drehbuch zur Verfügung. Man merkt leider, dass die Geschichte nicht allzu viele Höhepunkte bietet und das Interesse an der unheimlichen Gestalt der Jennet Humfrye (Leanne Best), die als richtige Mutter des 1889 tödlich verunglückten Nathaniel Drablow mitansehen musste wie der Junge im Marschland ums Leben kam, wird nie so richtig mit der neuen Story geweckt. Teil 1 spielte im Zeitalter von Eduard VII. Im Nachfolger sind wieder viele Jahre vergangen. Inzwischen schreiben wir das Jahr 1941 und dort, während der Zeit des Zweiten Weltkrieges, setzt die Filmhandlung auch in London ein, wo es nicht besonders guten Schutz gibt für die deutschen Bombenangriffe. Daher werden einige Schulkinder aufs Land evakuiert. Also auf zum abgelegenen Küstendorf Crythin Gifford, wo die der Frau in Schwarz, das leer stehende Eel Marsh House, steht. Die junge Eve Parkins (Phoebe Fox) ist Lehrerin und begleitet gemeinsam mit ihrer Vorgesetzten Jean Hogg (Helen McCrory) die Kinder. Besonderes Augenmerk legt sie auf den verwaisten Edward (Oakley Pendergas) , der stumm ist, seit seine Mom bei einem kürzlichen Bombenangriff ums Leben kam. Während der Zugfahrt lernt Eve natürlich auch noch den smarten Militärpiloten Harry Burnstow (Jeremy Irvine) kennen, der - welch ein Glück - in Crythin Gifford stationiert ist. Im alten Herrenhaus angekommen, wartet viel Arbeit auf die Lehrerinnen, denn das Gebäude ist in einem maroden Zustand. Und natürlich sind die vielen Kinder (u.a. Pip Pearce, Amelia Pidgeon, Jude Wright) auch bald wieder in Gefahr, denn Lehrer und Schüler sind nicht allein im Haus....
 



 Dieser Nachfolger wird häufig kritisiert weil er sich in uninspirerten Aneinanderreihungen von Horrorstandards ergibt - das sehe ich eher nicht so. Ich finde sogar, dass die einzelnen Szenen recht gut gelungen sind, aber es mangelt ein bisschen am roten Faden - zu sehr und viel zu schnell wird das Unheimliche des Hauses als Fakt angesehen "ja es gibt Geister" und daher fehlt leider eine gewisse Ambivalenz in der Story, die den Spannungsbogen viel fester hätte schnüren können. Die Geisterwelt ist zu sehr an der Oberfläche, als dass sie noch gruseln würde. schade, denn die Bilder, die der Film zeigt, können sich durchaus sehen lassen - aber nur selten ist ein faszinierendes Element zu spüren. Der Höhepunkt auf dem Flugplatz ist auch sehr dick aufgetragen. Am Ende wird dann Teil 3 angedeutet, entlässt den Zuschauer aber leider auch unbefriedigt. Im Vergleich zum Vorgänger ist der Grusler viel schwächer, hat aber wie bereits erwähnt, optisch ansprechende Bilder, die den Film doch noch etwas aufwerten.




Bewertung: 6 von 10 Punkten. 

Sonntag, 12. Juli 2015

Nosferatu - Phantom der Nacht

























Regie: Werner Herzog

Vom Sterben und vom Ewigen Leben...

Meistens scheitern Remakes von großen, ja überlebensgroßen Filmen auf ganzer Linie. Und im Grunde war es ja auch ein Heranwagen an die heilige Kuh als Werner Herzog sich Ende der 70er Jahre dazu entschied eine Neuauflage des großartigen Murnau Klassikers "Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens" aus dem Jahr 1922 zu drehen. Doch die Zeit war günstig. Gegen Ende der 70er Jahre hatte der neue Deutsche Film einen seiner größten Höhepunkte zu verzeichnen - grandiose Filme wie "Die Ehe der Maria Braun" oder "Die Blechtommel" sahnten auch international ab und gaben den deutschen Film einen neuen exzellenten Weltruf. Auch Herzogs gothische Horrorpoesie "Nosferatu" darf hier dazu gezählt werden und dieses Trio komplettieren, diese Trias war zu ihrer Zeit das große ultimative Aushängeschild des deutschen Films. Natürlich ist Murnaus Film unerreicht, das wußte Werner Herzog auch. Er hat es allerdings meiner Meinung nach sehr geschickt vermieden eine farbige Kopie des Klassikers zu fabrizieren, auch wenn weite Teile seiner Version als Hommage erkennbar sind. Es sind ähnlich pessimistische Bilder zu verzeichnen - doch Herzogs düstere Bilde rüber Pest, Fäulnis und dem allgegenwärtigen Sterben rufen sogar ein bisschen Apokalypse hervor. Sein Szenario wirkt am Ende verstörend, atmosphärisch, unglaublich schön und ebenso grauenerregend.
An der Geschichte wurde nicht viel verändert: Sie spielt in Wismar des 19. Jahrhunderts. Dort lebt der junge aufstrebende Häusermakler Jonathan Harker (Bruno Ganz) mit seiner sehr sensiblen, beinahe zerbrechlichen Gattin Lucy (Isabelle Adjani), die ihm das Teuerste auf der Welt ist. Daher verlässt er sie nur sehr ungern und bricht eine Reise nach Transilvanien an, mit der ihn sein Vorgesetzter Renfield (Roland Topor) beauftragt. Der Ritt mit dem Pferd soll 4 Wochen dauern, im Osten Europas wartet dann in einem Schloß ein gewisser Graf Dracula (Klaus Kinski), der vorhat in Wismar ein Haus zu kaufen. Die Reise soll sich auch für Harker lukrativ lohnen, er könnte seiner Lucy ein viel größeres Haus kaufen. So macht er sich auf den beschwerlichen Weg. Am Borgo Pass angekommen, warnen ihn die Zigeuner vor der Weiterreise in die sogenannte Schattenwelt, in die Welt des Untoten - des Nosferatu. Doch Harker nimmt die Warnung nicht ernst. Zu Fuß erreicht er das verfallene Schloß, wird Gast des Grafen, der sich als als gequälte Seele zu erkennen gibt. Nichtsdestotrotz wird Harker in den Nächten vom depressiven Blutsauger immer wieder in den Hals gebissen. Der Graf schließt den Häuservertrag ab und eines Nachts sieht Harker, dass der Vampir mit einigen Särgen das Schloß verlässt. Er merkt, dass nun seine Lucy, vielleicht sogar ganz Wismar in großer Gefahr steckt. Er muss ein Weg aus dem Schloß finden, aber der Graf reist auf dem Seeweg und der dürfte nicht ganz so lange dauern. Harker kommt einige Zeit sehr verändert in Wismar an, er erkennt nicht mal seine geliebte Lucy. Auch Graf Dracula ist bereits vor Ort, in seinem Gepäck eine Riesenanzahl von Ratten, die die Pest und somit den Tod in die Stadt bringen...



 Zwar ist Max Schreck viel erschreckender anzusehen als Klaus Kinski. Aber Kinskis Interpretation war so gut, dass er auch - völlig zu Recht - den deutschen Filmpreis zuerkannt bekam. Er ist dabei weniger der böse Killer, sondern ein Wesen, dass nur seinen Instinkten folgt und unsagbar einsam einer verlorenen Welt und einer verlorenen Liebe hinterhertrauert. Keine würde ihn - den Jäger - verstehen, nur die heulenden Wölfe, diese Kinder der Nacht, wie der traurige Vampir sie liebevoll nennt.
So ist die Gestaltung der Dracula Rolle in Herzogs Film ziemlich einzigartig - denn hier bemitleidet der Zuschauer ein Wesen, dass von Einsamkeit und Isolation geplagt ist und unter der Bürde dieser Unsterblichkeit extrem leidet. Dieses Leid deutet sich schon im Vorspann des Films an, wo Herzogs großartiger Kameramann Jörg Schmidt-Reitwein das Geschehen auf die Nahaufnahmen von verfallenen Gesichtern mumifizierter Leichen legt - einige davon haben vor Angst den Mund weit aufgerissen, bei den anderen zieren Reste von einer Haarpracht das wächserne Fleisch. Es sieht alles nach Entmenschlichung aus, die Zeit löscht alles unerbittlich aus. Das Überleben aber ist genauso Alptraum, ein Kreis, aus dem es kein Entkommen gibt. Die wunderschönen, morbiden Bilder sind schaurig untermalt von Wagners "Rheingold", ergänzt werden diese klassischen Themen durch die Gruppe Popol Vuh, die die gotische Machart von Herzogs zweitbestem Film nach "Aguirre" zusätzlich unterstreicht. Die Ankunft des Grafen in der Hansestadt wird zum Symbol für den großflächigen Tod einer Gesellschaft. Der Totentanz dauert bis zum Hahnenschrei und besiegt das Böse durch ein Opfer. Doch genauso wie in meinem Lieblingsfilm, Polanskis Tanz der Vampire, ist das Böse schon wieder geboren und verbreitet sich nun weiter in die Welt. Ein sehr starker und sinnicher Film mit betörenden Bildern des Untergangs, der sich täglich vollzieht.




Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Freitag, 3. Juli 2015

Jupiter Ascending

























Regie: The Wachowskis

Reife Menschen, gekrönte Toilettenfrauen und Rollerblade-Heroes...

Andy und Laurence Wachowski wurden in Filmkreisen früher als die "Wachowski Brüder" bezeichnet, drehten Filme wie "Bound", die "Matrix" Trilogie oder "Cloud Atlas" und nachdem aus Laurence Lana wurde realsieren sie ihre Movies als die "Wachowski Geschwister". Möglicherweise steckte noch viel vom Geist der Megaprojekts "Cloud Atlas" in den Köpfen, als es um die Realisierung des neuen Projekts mit dem Namen "Jupiter Ascending" ging. Das Produktionsbudget betrug 176 Millionen Dollar - inzwischen hat der Streifen - trotz verheerend schlechter Kritik und noch schlechterer Mundpropaganda - seine Kosten wieder eingespielt und kann ein weltweites Kinoeinspielergebnis von ca. 182 Millionen Dollar voweisen.
In der Mitte dieses völlig verrückten Science Fiction Streifens und Weltraumoper erscheint Kultregisseur Terry Gilliam in einem Gastauftritt als verschrobener Bürokrat in einem kafaesken intergalaktischen Amtsgebäude und stellt ganz wichtige Bescheinigungen für die Heldin der Geschichte aus. Eine der besten Szenen des Films und hier bemerkt man erstmal ein starkes Augenzwinkern und erkennt die Parodie. Viele Szenen vorher war dies einfach nicht so klar herausgearbeitet. Man staunte als Zuschauer über die optische Brillianz, über minutenlange perfekt bis zum Exzess durchkomponierte CGI-Sequenzen und war sprachlos wegen der tollen Bilder und wegen einiger grausamen Kostüme, mit denen die drei aus dem Hause Abraxas stammenden fiesen Weltraumgeschwister Balem (Eddie Redmayne), Titus (Douglas Booth) und Kalique (Tuppence Middleton)  ihre noch grausameren und hirnverbrannten Dialoge aufsagen müssen. Die Wachowskis verfassen ja ihre Drehbücher selbst und ich will nicht wissen wieviel Drogen sie sich beim Ausdenken dieser kruden Story reingepfiffen haben. Mit Caine (Channing Tatum in Spitzohren) düst sogar im Sauseschritt mit Düsestiefeln und Rollerblades ein Retter durch die Lüfte, den braucht unsere Heldin Jupiter Jones (Mila Kunis) auch dringend.
Die ist russische Emmigrantin in Chicago - der Vater wurde vor ihrer Geburt erschossen - und putzt Toiletten. Bis sie eines Tages von kleinen, gruseligen Aliens angegriffen werden, die wie böse Skelettwesen aussehen. Doch es naht der Ritter mit Wolfsbart und Spitzohren. Caine ist Lycantanter (eine Art Kreuzung zwischen Wolf, Hund, Barrenturner und Mensch), der sie im Auftrag von Schönling Titus vor seinem fiesen tuntigen Brüderchen Balem retten, der eine ganze Armee von Sauriersoldaten sein Eigen nennt. Ihm gehört ausserdem der schöne Planet Erde. Dieser ist aber für alle drei gierigen Geschwister interessant, denn nun ist er durch die Entwicklung der Menschen "reif" zu ernten. Die wichtigste Rohstoff in "Jupiter Ascending" ist die Zeit. Also Lebenszeit und die Menschen sind der Rohstoff, der diese Zeit liefern kann. Die Menschen sollen geerntet werden, um aus ihnen ein magisches Jugendelixier zu brauen.
Um die Geschichte zu verkomplizerien, ist unsere Jupiter die genetisch identische Inkarnation der früheren Weltenherrscherin, die kürzlich nach knapp 100.000 Jahren an der Macht den Löffel abgegeben hat - es ist die Mutter der drei mißtratenen Weltraumkids. Unsere Jupiter sieht nicht nur aus wie die tote Mutter, sie ist tatsächlich genetisch mit diesen Besitzern wertvoller intergalaktischer Immobilien verschwägert. Man muss nämlich wissen, dass die drei Schurken nicht nur die Erde ernten, sondern vor ihr schon zahlreiche Planeten - das Spiel der Ernte läuft Tausende von Jahren schon. Kann Jupiter die Erde, die ihr ja gehört, noch retten ?



 Die Matrix-Macher Lana und Andy Wachowski entführen in die Weiten des Kosmos, mit rasanten Kamerafahrten, aufwendigen Bildern von fernen Sternen und Galaxien und gewaltigen Explosionen und Kampfszenen - und im Kino kommt das alles in 3D. Eine Mischung aus Superheldenkino und Weltraumabenteuer, wie man es allerdings schon öfter im Kino gesehen hat. Tatsächlich lassen sich eine Reihe von Verweisen finden. Die schrulligen Weltraumkostüme erinnern stark an den trashigen Charme von "Flash Gordon", das gemeinsame Fliegen in Speed-Geschwindigkeit von Caine und Jupiter hat man auch schon ähnlich in den Marvel Verfilmungen gesehen...die Geschichte selbst hat immer wieder "Terminator" Elemente, nur viel sonderbarer. Ein Hauch von "Guardians of the Galaxy" weht mit. Ausserdem gibts noch richtige Flügel, Jurassic Park Velociraptoren in schicker Uniform und Schwärme von Bienen, die um Jupiter herumschwirren und auch dem Zweifler Stinger (eine Mischung aus Mensch und Biene) beweisen, dass Jupiter auserwählt ist.
Öfters während des Films kommt der Gedanke auf, dass es sein könnte den schlechtesten Film der letzten Jahre gesehen zu haben. Begünstigt wird diese Sichtweise von den eindrucksvollen Goldene Himbeeren Leistungen der diesjährigen Oscarstars wie Eddie Redmayne oder Channing Tatum, die in "Die Entdeckung der Unendlichkeit" und "Foxcatcher" tolle Leistungen ablieferten. Hier sind sie mal ganz anders: Richtig schlecht und es wird klar, dass die gute Halle Berry vor mehr als 10 Jahren kein Einzelfall war als sie für "Monsters Ball" mit dem Oscar geehrt wurde und einige Monate später dann als "Catwoman" den zweifelhaften Triumph als Gewinnerin der Goldenen Himbeere errang.
Es sind aber immer wieder geniale Szenen, die das alberne Szenario durchbrechen und dem Film tatsächlich eine sehr individuelle Handschrift verpassen. "Jupiter Ascending" mag zwar ganz viel aus der Schatztruhe des Science Fiction Genres geklaut haben, den Wachowskis ist es aber dennoch gelungen eine ganz eigene Suppe zu kochen. Bin gespannt, ob der Film das Potential zum Kultobjekt hat.




Bewertung: 6 von 10 Punkten.