Regie: M. Night Shyamalan
Knochen aus Glas, Knochen aus Stahl...
Ich mag "Unbreakable - Unzerbrechlich" noch lieber als Shyamalans
Vorgänger "The Sixth Sense", mit dem der indischstämmige Filmemacher im
Jahr 1999 einen Megaerfolg landen konnte. Ein überraschender Erfolg
durch das überraschende Ende, dass auch durch die einhellig positive
Mundpropaganda "ich kann dir nichts verraten, aber der Schluß ist
genial" fette 672 Millionen Dollar Einspielergebnis erringen konnte. Im
Grunde war wohl Shyamalan von dieser genialen zündenden Idee selbst so
begeistert, dass er seinen Nachfolger ganz ähnlich konzipiert hat. Mit
Bruce Willis gewann er noch einmal den gleichen Hauptdarsteller und auch
"Unbreakable" verfügt über einen echten "Wow" Plot am Ende. Nur ist der
Film wesentlich vielschichtiger und greift verschiedene Themen wie
"Identitätssuche", "Vater-Sohn Konflikt", oder "Abwehr/Regression" und
verwebt dies alles in den Deckmantel eines düsteren Films über die Liebe
zu den "Comics". Und statt auf die Gesetze dieser Comicverfilmungen
zurückzugreifen, inszeniert M. Night Shyamalan seine Geschichte total
entgegengesetzt. Er behält auch als Stil seine in "The Sixth Sense"
lethargische und beinahe schon schwer depressive Grundstimmung bei. Es
gelingt ihm mit all diesen Zutaten einen sehr aussergewöhnlichen, ganz
eigenständigen Mysterythriller zu entwerfen, der völlig ohne Vorbilder
auskommt. Man muss sich allerdings auf einen eher destruktiven Film
gefasst machen. Dabei wird die Geschichte vom Zusammentreffen zweier
Hauptfiguren erzählt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zum
einem handelt der Film von diesem sonderbaren Mr. Glas (Samuel L.
Jackson), der eigentlich Elijah Price heißt und seit seiner Geburt an
einer schweren Knochenkrankheit, der Osteogenesis imperfecta, leidet. Durch diesen Defekt, der die Knochen zerbrechlich wie Glas gemacht hat, war
ein ganz normales Leben nie möglich. Aber Prices Mom brachte es
immerhin fertig, dass der kleine Junge nicht an seinem Schicksal
zugrunde ging und zu leben versuchte. Geködert hat sie ihn mit dem
Geschenk von Comics, die dann bis ins Erwachsenenalter seine
Leidenschaft wurden. Er wird nicht nur zum Sammler der Comics, sondern
besitzt auch eine gut gehende Kunstgalerie, wo er Originalzeichnungen
von Comics verkauft. Price ist von dem Ziel besessen sein Gegentel zu
finden. Denn wenn es Menschen mit Knochen, die wie Glas zerbrechen gibt,
muss es auch Menschen geben, deren Knochen besonders widerstandsfähig
sein müssten und die dadurch eine unbesiegbare Starke in sich tragen
müssten, von denen sie möglicherweise nicht mal die leiseste Ahnung
haben. Und einer dieser Menschen könnte vielleicht der introvertierte,
etwas depressive David Dunn (Bruce Willis) sein, der als Einziger von
131 Insassen ein Zugunglück ohne Verletzung überlebt. Der stille David
arbeitet seit Jahren beim Sicherheitsdienst eines Footballstadions, ist
verheiratet mit Audrey (Robin Wright Penn). Das Paar hat einen Sohn
namens Joseph (Spencer Treat Clark). Dieser Junge befindet sich in der
Pubertät und auch auf ihn wirkt der Vater körperlich extrem stark, aber
emotional eher unnahbar und tatsächlich versteckt David sein schwach
ausgeprägtes Ich-Bild. Mit der Bekanntschaft von Eliah Price kommt die
Pathologie, aber auch die Stärke beider Männer zum Vorschein...
dies
alles wurde von Shyamalan sehr faszinierend verfilmt. Die Geschichte ist
durchweg von großer Düsterness geprägt und löst sich erst am Ende durch
die Offenbarung der bösen Anteile auf und zeigt so etwas wie eine
Erlösung des vorher gezeigten Dilemmas auf. Eine Art Befreiungsschlag
für das Schicksal von David, dessen Identitätssuche das eigentliche
Hauptthema des Films ist. Einerseits sieht er sich damit konfronitert
ein verkannter Superheld zu sein, der eigentlich nur in Comics vorkommen
kann, andererseits erkennt er auch seine größte Lebenslüge, die ihn zu
einem unglücklichen Menschen gemacht hat. Als er auf Empfehlung von
Elijah tatsächlich seine Fähigkeiten als Superman auslebt, findet er
einen Hauch vom inneren Frieden, den er so notwendig braucht - wie auch
seine Familie, die unter seiner Depression und seiner Gefühlskälte
leiden. Dem Sohn verweigerte er sich auch als Identifikationsfigur,
durch die Entdeckung seiner unnatürlichen Kraft wird er für diesen fast
so wie eine gottähnliche Figur, die unsterblich ist. Daraus folgt eine
der dramatischen Szenen des Films, in der Joseph den Vater mit einer
Pistole bedroht und auch schießen will, da er überzeugt ist, dass die
totbringende Kugel dem "unbekannten" Vater nichts anhaben kann. Mir
gefällt diese Verbindung von cooler Comicwelt mit dieser morbiden
Begegnung von zwei Menschen, die beide - genau wie Eliah erwähnte - die
Prototypen jedes Comics sein. Der Held und sein Gegenspieler. Die
Geschichte dieser beiden Figuren wird von Shymalan beinahe schon wie
eine griechische Tragödie inszeniert, der Weg zur Erkenntnis gestaltet
sich als extrem morbide und am Ende erfüllt sich das Gesetz genau so wie
das Gesetz des Comics es vorsieht.
Die Genreeinteilung
von "Unbreakable" ist nicht einfach. Es ist keine Comicverfilmung ala
Batman oder Superman, aber dafür ein Film, der sich auch als
Liebeserklärung an das "Comic" heft herausstellt. Für einen Actionfilm
ist er fast zu langsam erzählt und selbst die wenigen Actionszenen sind
genretypisch - eher sogar eine Art Gegenentwurf. Am ehesten lässt sich
die gewagte Mischung aus Comicfilm, Melodram, Thriller und Horror als
ein atmosphärisch unheimlicher und bedrohlicher Mysterythriller
einstufen.
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.
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