Regie: Neil Jordan
Rotkäppchen und die Werwölfe...
Der irische Regisseur Neil Jordan (Mona Lisa, The Crying Game,
Butcher Boy, Jenseits der Träume, Michael Collins, Interview mit einem
Vampir) drehte 1984 mit "Zeit der Wölfe" eine moderne Variante des
bekannten "Rotkäppchen" Märchen. Das Drehbuch verfasste Jordan gemeinsam
mit der Schriftstellerin Angela Carter, nach deren Kurzgeschichte "The
Bloody Chamber" dieser kultige Gothic-Fantasy-Horrorfilm entstanden ist.
In den USA spielte der Film mehr als 4 Millionen Dollar an der
Kinokasse ein. Bekannt durch die Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder
Grimm wurde die Geschichte von dem Mädchen und dem bösen Wolf weltweit
bekannt. Die erste literarische Erwähnung kam jedoch bereits im Jahr
1695 von Charles Perrault zustande. Jordan würzt diese Geschichte mit
allerlei Freudschen Verweisen und erotischen Anspielungen. Die Heldin
der Geschichte ist die 13jährige Rosaleen (Sarah Patterson), deren
Sexualität gerade erwacht und deren Gefühlswelt mächtig durcheinander
kommt. Scheinbar wird der Zuschauer aber Zeuge eines Traumes, denn die
ersten Bilder zeigen das Mädchen schlafend und träumend. Dieser Traum
führt sie in ein Dorf am Rande des finsteren Waldes und auch in die
Vergangenheit. Der Traum spielt im 18. Jahrhundert. Rosaleen und ihre
Eltern (Tusse Silberg und David Warner) sind todtraurig, denn die ältere
Tochter Alice (Georgia Slowe) ist einem Wolf zum Opfer gefallen. Das
soll eine Warnung an die jüngere Rosaleen sein, die vor allem von der
Oma (Angela Lansbury) ausgesprochen wird, die mitten im Wald wohnt.
"Hüte Dich Kind vor den Männern mit zusammengewachsenen Augenbrauen"
oder "Mädchen weiche nie vom Wege ab, denn im Wald da lauert der Wolf"
oder "Deine Schönheit zieht sie an und ein Wolf ist jeder Mann" - das
hübsche Mädchen wird bereits vom heranwachsenden Nachbarsjungen (Shane
Johnstone) begehrt.
Großmutter weiß auch noch andere Schauergeschichten zu berichten,
die im Laufe der Handlung in die Geschiche eingepflegt werden. So
erzählt sie von dem jungen Bräutigam (Stephen Rea), der eine hübsche
Frau (Kathryn Pogson) aus dem Dorf geheiratet hat. Die Frau freut sich
auf die Hochzeitnachts mit ihrem Liebsten, doch der entschuldigt sich,
dass er kurz nach draußen gehen muss und bleibt dann über Jahre
verschwunden. Die Frau heiratet nach Jahren erneut und hat auch
inzwischen einige Kinder. Da plötzlich klopft es an der Tür und der
verlorene Bräutigam steht davor, sieht heruntergekommen aus wie ein
wildes Tier und meint er habe Hunger. Dann wird er aggressiv. Zum Glück
kommt der jetzige Ehemann nach Hause, denn der Mann hat sich in einen
Wolf verwandelt, dem er den Kopf abschlägt. Der Werwolf ist nun tot,
doch sein abgetrennter Kopf hat sich wieder in den menschlichen Zustand
verwandelt. Eine andere Geschichte zeigt eine Frau (Dawn Archibald), die
von einem reichen Adligen (Richard Morant) geschwängert und dann sitzen
gelassen wurde. Sie rächt sich damit, dass sie in dessen Hochzeitsfest
platzt und sie verwandelt alle Gäste (natürlich auch ihren Ex) in Wölfe.
In der dritten Geschichte kommt eine Wöflin ins Dorf, sie hat nichts
Böses im Sinn, sie hat jedoch Hunger. Von einem Jäger wird sie
angeschossen. Ein Priester (Graham Crowden) nimmt das Tier auf, dass
sich in iher menschlichen Gestalt (Danielle Dax) zeigt.
Im Dorf von Rosaleen wird inzwischen wieder auf Wolfsjagd gegangen.
Man hat einen sehr großen Wolf gesehen. Eines Tages geht Rosaleen ihre
Großmutter mit einem Korb voll mit Waren besuchen. Doch auf dem Weg
dorthin begegnet sie einem attraktiven Adligen (Micha Bergese), dessen
Augenbrauen zusammengewachsen sind. Trotz aller Warnungen flirtet das
unerschrockene Mädchen mit dem Mann und die beiden gehen eine Wette ein.
Wer als Erster beim Haus der Großmutter ist, der bekommt ein Geschenk
vom Verlierer...
Die Ausstattung ist sehr extravagant - eine Mischung aus den
Szenenbildern der Hammerstudios und alter nostalgischer
Märchenillustrationen. Jordan visualisiert die Alpträume, die beim
Grimmschen Märchen unter der Oberfläche vergraben sind. Intensiv und
voller Symbolik ist die Geschichte des Mädchens, deren Jungfräulichkeit
durch gefährliche Männer immer mehr in Gefahr ist.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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