Freitag, 9. Dezember 2022

Titane


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Julia Ducournau

Metall im Körper...

Ganz starker Tobak, den die Regisseurin Julia Ducournau ihren Zuschauern mit den ersten Szenen ihres Films "Titane" da serviert. Eine durchgeknallte Tänzerin und Serienkillerin startet zum Amoklauf, indem sie zuerst einen Fan ermordet und später einer Kollegin und deren Mitbewohner das Licht auslöscht. Das ist sehr provokant und die Szenen sind explizit und einfach unappetitlich. Dann wendet sich die Geschichte und nimmt surreale Züge an. Durch diese Wendung wird der Film dann plötzlich interessant und irgendwann können auch die ersten brutalen Szenen besser eingeordnet werden. Es sind keineswegs Szenen, die dem Selbstzweck dienen, sondern sie dienen der gesamten Dramaturgie. "Titane" ist eine Mischung zwischen zwischen Horrorgenre und Arthaus, sehr verwandt mit den früheren Kultfilmen des kanadischen Filmemachers David Cronenberg. Besonders sein Film "Crash" über Autofetischisten kommt in den Sinn. Auch Alexia, die Heldin in Julia Ducournaus Film ist von Kind an eine Autonärrin. Sie hat aber als kleines Mädchen (Adele Guigue) einen Autounfall, der von ihrem Vater (Bertrand Bonello) verursacht wird. Dem Mädchen wird aufgrund der schweren Kopfverletzung eine Titanplatte in den Kopf eingesetzt. Fast zärtlich verliebt drückt sie nach der geglückten Operation ihre rechte Gesichtshälfte, bei der die Narbe sichtbar ist, gegen das Autofenster. Als junge Frau ist Alexia (Agathe Rouselle) eine begehrte Tänzerin und ist Autonärrin geblieben. Sie ist Star und Showgirl bei einer Autoshow, hat viele Fans, ist darüberhinaus schwanger und sie tötet Menschen. Vor allem dann, wenn die Opfer es auf Zärtlichkeiten abgesehen haben. Es gibt auch schon ein Phantombild, dass Alexia sehr ähnlich sieht. Daher entsteht die Idee sich eine neue Identität zu schaffen, als sie alte Fotos von seit Jahren vermissten Kindern im TV sieht, eine Computersimulation versucht die Verschwundenen so zu zeigen wie sie jetzt nach Jahren als junge Erwachsene aussehen könnte. Sie schneidet sich das Haar, bricht sich die Nase und versteckt die Brüste und so gibt sie sich als der vermisste Adrien aus, dessen Eltern ihn immer noch suchen. Obwohl eher wenig Ähnlichkeit zwischen den Bild von Adrien und Alexia (als junger Mann) bestehen, ist sich der Vater Vincent (Vincent Lindon) ganz sicher, dass der Junge, der sich jetzt bei der Polizei als Adrien gemeldet hat sein leiblicher Sohn ist. Der Feuerwehrhauptmann weigert sich sogar einen DNA Test durchzuführen, der Sicherheit bringen könnte. Seine Kollegen (u.a. Lais Samamee als eifersüchtiger Rayane) wundern sich über den wiedergefundenen Sohn, der sehr feminine Züge an sich hat....





"Titane" beschreibt nicht nur diesen Wechsel von Identität und Geschlecht, sondern zeigt beim bitteren Ende den körperlichen Zerfall eines Menschen, der durch diese Titanplatte geprägt war. Die Metallplatten haben mehr und mehr die Oberhand gewonnen. Die logische Konsequenz ist der Tod. Das Kind, dass geboren wird, hat auf dem Rücken Titanflecken.
"Titane" wurde mit der Goldenen Palme von Cannes ausgezeichnet. Die Jury wollte die "Diversität" belohnen - doch alleine unter diesem Aspekt muss ein Film noch lange nicht gut sein. "Titane" ist aber gesamthaft sehr geglückt, auch wenn der Zuschauer provokatisch gefordert wird. Bei der Cesar Verleihung gabs 4 Nominierugen, für den europäischen Filmpreis sogar fünf Nominierungen - die Auszeichnung gab es für das beste Make Up und Hairstyling. Die beiden Hauptdarsteller Agathe Rouselle und Vincent Lindon waren nominiert, gingen am Ende jedoch leer aus. "Titane" ist der zweite Spielfilm der Filmemacherin. 2016 erschien mit "Raw" ein ebenso interessantes Debüt.





Bewertung: 8,5 von 10 Punkten. 

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