Samstag, 2. Juli 2016

Unfriend

























Regie: Michael Verhoeven

Marinas Laptop, der ein Spiegel in die Hölle ist...

Während in den Kindertagen des Films, vor allem während der Weimarer Republik, der deutsche Horrorfilm auf der ganzen Welt mit Meisterwerken wie "Nosferatu", "Der Golem" oder "Das Cabinett des Dr. Caligari" Triumphe feiern konnte, hat er nach dem Beginn des Tonfilms bis heute immer mehr an Bedeutung verloren und nur sehr selten gelingt einer deutschen Horrorgenre Produktion ein respektabler Erfolg. Zuletzt etwa mit "Wir sind die Nacht" von Dennis Gansel, der eine Art modernes Update zu dem belgischen Kultfilm von Harry Kümel kreierte oder Stefan Ruzokwitzkys "Anatomie. Immerhin traute man sich in den letzten Jahren wieder etwas mehr in dieser Richtung zu machen. Sehr beeindruckend war beispielsweise "Masks" von Andreas Marshall und auch die Filme "Zimmer 205" von Rainer Matsutani, "Das Kind" von Zoltan Bacs oder "Du hast es versprochen" von Alex Schmidt konnten sich sehen lassen. Auch Simon Verhoevens, der Sohn von Senta Berger und des Regisseurs Michael Verhoeven, und Regisseur von "Männerherzen" zeigt nun mit "Unfriend" (Originaltitel" Friendly Request" sein Faible für das Gruselfach. Inhaltlich ist sein Film mit dem umstrittenen "Unknown User" von Levan Gabriadze verwandt. Aber Verhoeven vermeidet den Fehler den gesamten Film auf den Desktop eines Laptops abspielen zu lassen. Daher ist Verhoevens erster Abstecher ins Horrorfilm auch besser gelungen. Vor allem die erste Hälfte ist extrem gut geworden. Man kann sich aber vielleicht darum streiten, ob es gut war den Film dann ab einem gewissen Punkt in Richtung konventioneller Geisterfilm abdriften zu lassen - vor allem mit vielleicht zu vielen "Final Destination" und "Ringu" Versatzstücken. Wer sich daran nicht stört, der wird bei "Unfriend" sicherlich gut unterhalten. Verhoeven schreibt die Drehbücher meistens mit - diesmal in Gemeinschaftsproduktion mit Matthew Ballen und Philip Koch.
Die Studentin Laura Woodson (Alicia Debnam Carey) ist eine sehr beliebte Schülerin. Die Psychologiestudentin steckt voller Lebensfreude und ist auch auf den sozialen Medien sehr aktiv. Auf Facebook hat sie fast 1.000 Freunde. Privat hat sie sich von Kobe (Connor Paolo) getrennt und ist nun mit dem Medizinstudenten Tyler (William Moseley) liiert. Ihre beste Freundin ist Olivia (Brit Morgan), die ebenfalls Psychologie studiert. Ebenfalls wichtig in Lauras Leben sind Isabel (Brooke Markham) und Gustavo (Sean Marquette). Auch mit ihrer Mom (Julie Summers) versteht sie sich prächtig. Der Film beginnt damit, dass während der Vorlesung bekanntgegeben wird, dass die Mitschülerin Marina Mills (Liesl Ahlers) Selbstmord begangen haben soll. Sie hat ihren eigenen Suizid (Erhängen und Verbrennen) per Video aufgenommen und ihn auf Facebook gestellt. Der Lehrer rät den Studenten dringend diesen Clip nicht anzuschauen, man habe ihn auch schon vom Netz entfernt. Wie versteinert hat Laura diese Nachricht aufgenommen, denn sie war es, die erst vor wenigen Tagen Kontakt mit der stillen Marina aufgenommen hat, die auf Facebook keinen einzigen Freund verzeichnen konnte. Doch das introvertierte Mädchen ist sonderbar, sie hat auf ihrer Seite lauter verstörende Horror-Elemente, teilweise selbst gemacht und selbst verfilmt. Lauras Freunde raten, dass der Kontakt sofort abgebrochen werden soll, sie halten Marina für psychisch schwer krank. Zuerst scheut Laura diesen Schritt, denn immerhin hat sie Marina auf ihre Geburtstagsparty eingeladen. Und jetzt wieder ausladen ? Doch sie tut es. Mit ungeahnten Folgen. Marina sieht im Netz die Bilder der ausgelassenen Geburtstagsparty und macht Laura am anderen Tag auf dem Campus eine riesige Szene. Daraufhin löscht Laura Freundschaft auch auf Facebook und damit bricht für die einsame Aussenseiterin eine Welt zusammen....



Verhoeven zeigt nun wieder die Anfangsszene im Vorlesesaal und nun geht die Geschichte in Runde Zwei, die leider nicht ganz so überzeugend bleibt wie der fulminante und verstörende Anfang. Leider gibts mal wieder an Schreck-Sequenzen zu viele und die Innovation verringert sich durch die vielen bekannten Verweise auf andere Horrorfilme. Immerhin sind die Darsteller aber gut gewählt. Und Verhoeven wertet den Film auch immer mal wieder mit guten visuell faszinierenden Szenen auf. Man bedauert vielleicht, dass der Regisseur nicht den Mut hatte einen eigenen Weg nach der gelungenen Rückblende zu wählen und etwas zu sicher auf konventionelle Spukeffekte setzte, statt weiter verstörende Widerhaken zu setzen. Dennoch ist "Unfriend" ein lobenswerter Beitrag im zu stark unterrepräsentierten deutschen Horrorfilm.




 Bewertung: 6 von 10 Punkten.

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