Regie: Scott Schirmer
Die Geschichte von Marty und Steve..
Der einzige Kritikpunkt, den man Scott Schirmers 2012 inszenierten
"Found - Mein Bruder ist ein Serienkiller" machen könnte, ist
vielleicht, dass man dem Horrorfilm in manchen Szenen das sehr geringe
Budget ansieht, mit dem der Filmemacher zurecht kommen musste.
Allerdings macht Scott Schirmer mit gutem Ideenreichtum und einer großen
Eigenständigkeit diese kleine Schwäche wieder mehr als wett. So ist
sein Film nicht nur ein sehr besondererer, bisweilen sehr sonderbarer
Serienkillerfilm, sondern auch ein melancholischer Coming of Age
Beitrag. Erzählt wird die Geschichte von Marty (Gavin Brown), der als
Fünftklässler zwar immer gute Noten bekommt, aber bei seinen Mitschülern
als "uncool" und zu schüchtern gilt. Durch sein Hobby "Comic" hat er
immerhin mit David (Alex Konig) einen etwa gleichaltrigen Freund
gefunden. Dieser will aber die Kameradschaft wieder lösen, da er nicht
mit einem Mobbingopfer wie Marty zusammen sein will. Jungs wie Marcus
(Edward Jackson) oder Trevor (Adrian Cox-Thurmond) attackieren den armen
Marty nicht nur verbal, sondern auch körperlich. Um dem quälenden
Alltag zu entgehen, flieht der gemobbte Junge in die Welt der
Horrorfilme. Auch Mom (Phillis Munro) und Dad (Louie Lawless) haben
wenig Verständnis für die Nöte des Teenagers. Bald wird aber sein Leben
selbst in den reinsten Horrorfilm verwandelt: Marty findet im Zimmer
seines großen Bruders Steve (Ethan Philbeck) einen Kopf. Dieser liegt in
der Bowlingtasche und es wird nicht der einzige Kopf bleiben. Die
abgetrennten Köpfe wechseln sich ab, meistens gehörten sie
dunkelhäutigen Frauen - aber auch das Haupt eines weißen Mannes fand der
kleine Marty. Keine Frage: Sein Bruder hat ein Doppelleben. Und es ist
auch nur eine Frage der Zeit, bis Steve merken wird, dass sein
Doppelleben als fieser Killer entdeckt worden ist. Auch Marty selbst
verändert sich in dieser Geschichte: Er wird den Platz des Opfers
verlassen und versucht sich zur Wehr zu setzen. Als er tatsächlich
schafft gegen einen Peiniger siegreich im Kampf zu sein, bekommt er
Ärger mit der Mom und auch mit Pastor Don (Andy Alphonse). Auch Steve
dreht auf. Er hat entschieden etwas dagegen, dass sein kleiner Bruder
von seinen Mitschülern gequält wird...
"Found" zeigt auch in sehr gelungener Weise die emotionale Bindung der beiden Brüder.
Scott
Schirmer dürfte selbst ein heißer Fan alter Horrorfilme aus dem VHS
Fundus der 80er Jahre sein, denn die Familie leiht sich keine DVD aus,
sondern die guten alten Cassetten für den Videoabend mit Freunden. Es
ist nicht viel Blut zu sehen - ausser in der Sequenz dieses Videoabends,
wo die beiden Freunde Marty und David die alte VHS-Cassette von
"Headless" laufen lassen. Während David den richtigen Film sieht, läuft
vor dem geistigen Auge Martys die gleiche Handlung - allerdings mit
Hauptdarsteller Steve - ab. Dies alles wirkt in den besten Szenen
verstörend und schockierend intensiv und spart auch nicht mit einer
gewissen Gesellschaftskritik.
Ich fühlte mich etwas an
"Henry - Portrait of a serial Killer" oder Romeros "Martin" erinnert.
Schirmer inszenierte sehr stilsicher und ich war immer gut und vor allem
nicht unintelligent unterhalten. Herznote von "Found" ist natürlich das
Szenario eines in der Pubertät befindlichen Heranwachsenden. Man fühlt
die Reize, die Marty durchlebt...das Verbotene und die Neugier. In
dieser aufregenden Zeit ist es seine Aufgabe sich auch gegen seine
Mitschüler zu behaupten. Doch er erfordert Mut sich den Rangeleien zu
stellen. Marty ist zuerst mal introvertiert und flüchtet vor diesen
Machtkämpfen. Die Newcomer Gavin Brown und Ethan Philbeck spielen sehr
überzeugend.
Auch die blutige Titelsequenz im Comiclook weiß
zu gefallen. Die größte Stärke des Films ist aber seine Loslösung von
konventionellen Mustern und der Film, der auf einem Roman von Todd
Rigney basiert, funktioniert sowohl als Jugenddrama als auch als
Horrorbeitrag.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.