Regie: Jordan Peele
In der Kanalisation...
Regisseur Jordan Peele bleibt auch nach dem Nachfolgefilm von "Get
out" ein sehr interesanter Filmemacher. Darüberhinaus ist er derzeit der
innovativste Macher des "Black Cinema". Der Horrorfilm "Get out" war
nicht nur ein Publikumsmagnet (Einspielergebnis weltweit 255 Mio.
Dollar) sondern auch ein Thema für die Filmkritiker. Bei der
Oscarverleihung konnte der Film vier Nominierungen bekommen, was für
dieses Genre äusserst selten ist. Auch "Wir" (US-Titel: Us) bekam den
Zuspruch vom Publikum, denn es wurde mit 255 Millionen Dollar
Einspiergebnis ein nahezu identisches Ergebnis bei der Kinoauswertung
erzielt.
Der Prolog des Films bezieht sich auf Wesen, die in der
Kanalisation leben, auf urbane Legenden und die erste Szene bietet eine
Rückblende ins Jahr 1986. Rayne (Anna Diop) und Russel Thomas (Yahya
Abdul-Mateen II) spazieren mit ihrer kleinen Tochter Adelaide (Madison
Curry) über einen Vergnügungspark in Santa Cruz. Als das Mädchen kurz
unbeaufsichtigt ist, läuft sie neugierig auf dem Areal weiter, die
Treppe hinunter zum Strand. Dort steht eine Bude, in der sich wohl ein
Spiegellabyrinth befindet. Plötzlich geht dort das Licht aus und das
kleine Mädchen findet den Ausgang nicht mehr. Neben ihrem eigenen
Spiegelbild entdeckt sie im Dunkel ein Mädchen, dass identisch wie sie
aussieht. Zum Entsetzen der Kleinen ist es aber nicht mehr ihr
Spiegelbild, sondern eine Doppelgängerin. Beide schauen sich
interessiert bis geschockt an. Dieses Erlebnis aus der Vergangenheit hat
die erwachsene Adelaide (Lupita Nyong´o) bis heute nicht ganz
überwunden. Im Hier und Jetzt ist sie mit Gabe (Winston Duke)
verheiratet und mit Zora (Shahadi Wright Joseph) und Jason (Evan Alex)
zwei nette Kids. Zu viert haben sie sich entschlossen dort wo Adelaide
dieses Kindheitstrauma erlebte, Ferien zu machen. Sie wollen dort auch
die befreundete Familie Tyler (Tim Heidecker, Elizabeth Moss, Cali und
Noelle Sheldon) treffen. Sie werden aber auch Bekanntschaft mit vier
Wesen machen, bei denen sich herausstellt, dass es sich um die bösen
Doppelgänger der Familie handelt und die Vier kommen eines Nachts zu
Besuch. Das ist kein netter Höflichkeitsbesuch, sondern die Doppelgänger
sind als Home Invasoren und Schlachter gekommen....
Das Doppelgängermotiv ist nicht erst seit der deutschen Romantik
eng mit dem Unheimlichen und der Angst vor dem Verlust der
Handlungsfähigkeit verknüpft. Im Horrorgenre ist es ein immer
wiederkehrendes sehr beliebtes Thema, spontan fällt mir da Don Siegels
50s Meisterwerk "Die Dämonischen" ein, wo im Keller der Häuser riesige
Schoten heranwachsen und reifen, aus denen gefühllose Doppelgänger
entstehen. Jordan Peele setzt auf dieses Identitätskonzept. Wenn man den
immer noch aktuellen Rassismus in den USA mit dazu nimmt, bekommt
dieses Motiv natürlich noch eine zusätzliche Bedeutung. Der
Originaltitel "US" ist natürlich auch mehrdeutig, da es auch die
Initialen der Vereinigten Staaten sind. Die untere Parallelwelt, die uns
Peele präsentiert wirkt auch wie ein Klassensystem, in dem man im
Gegensatz zu "Oben" in großer Armut lebt. Peele spielt auch gerne mit
Symbolen, so tauchen Kaninchen und Hasen auf und es gibt im Film einen
biblischen Verweis durch Jeremiah,
in dem es heißt: "Darum spricht der Herr: Ich werde eine Katastrophe
bringen, in der es kein Entkommen gibt. Obwohl ihr nach mir schreit,
werde ich euch nicht hören". Trotz einiger weniger geglückten Szenen in
der Mitte des Films, kann man auch "Wir" als kleines Meisterwerk feiern,
denn der Film ist am Ende total rund und in sich stimmig. Dies ist dem
Regisseur vor allem auch durch die originelle Machart gelungen und
phasenweise fühlt sich selbst der Zuschauer genauso verloren wie die
kleine Adelaide, die versucht die "Hall of Mirrors" rational zu
ergründen.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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