Mittwoch, 20. Juni 2018

A Ghost Story

























Regie: David Lowery

Existenz nach dem Tod...

David Lowerys Horrorbeitrag "A Ghost Story" ist auf alle Fälle sehr gewöhnungsbedürftig und dürfte vor allem die Genrefans enttäuschen, die einen konventionellen Geisterfilm mit viel Gruseleffekten erwarten. Von diesem Konzept weicht "Ghost Story" mit seiner spröden Machart total ab und stattdessen macht er es dem geduldigen Zuschauer möglich irgendwann diesen eigenartigen meditativen Stil zu genießen. Lowery schrieb auch das Drehbuch und in einem Interview gab der Filmemacher zu, dass er nach der Disney Großproduktion "Elliot, der Drache" einen kleinen, sehr intimen Film drehen wollte. Dabei wurde er durch eine Auseinandersetzung mit seiner Frau inspiriert. Er wollte das alte Haus, in dem sie schon lange lebten, nicht verlassen, weil er neben Erinnerungen mit diesem auch die früheren Bewohner dieses Hauses zu spüren glaubte.  Solch ein Haus ist auch der Hauptdarsteller unserer Geschichte, denn er bleibt existent, auch wenn sich im Laufe der Geschichte die Zeiten ändern.
Im Grunde ist die Idee ganz einfach, aber sie wird auf ein neues, sehr interessantes Niveau gebracht und konfrontiert den Zuschauer mit dem Blick ins Unsichtbare. Auf der einen Seite läuft die ganz normale Realität ab, doch der Zuschauer sieht was die Figuren des Films nicht sehen. Unsere Welt wird von Geistern, von toten Menschen beobachtet, die eine gewisse Zeit dort bleiben, wo sie gelebt haben.
Ein solcher Geist ist der derzeitige Bewohner des Hauses (Ben Affleck), der an diesem alten Haus hängt. Seine Frau (Rooney Mara) würde allerdings viel lieber in die Stadt ziehen. Er wirkt wie ein Träumer,, macht Musik und trödelt ein bisschen vor sich hin. Aber die Beziehung der beiden ist sehr innig. Man hört sie darüber sprechen, dass es vielleicht Geister im Haus geben könnte. Denn in der Nacht ertönt für eine Sekunde das Klavier und die beiden haben das Gefühl seltsame Lichtmuster an der Wand zu sehen. Dann hat der junge Mann einen tödlichen Unfall und liegt in der Leichenhalle. Seine Frau muss ihn identifizieren. Für den Rest des Films ist der Verstorbene in das weiße Leichentuch gehüllt, dass in der Leichenhalle auf ihn gelegt wurde. Mit ausgeschnittenen Augenhöhlen wirkt er nun wirklich wie ein Geist oder wie kleine Kinder sich einen Geist vorstellen. Eine lange Szene zeigt die Frau, wie sie den Schokoladenkuchen ihres Freundes isst, immer mehr - natürlich wird sie sich erbrechen müssen. Wer diese ausufernde Szene übersteht (die Frau isst und isst - das Geistwesen steht regungslos neben ihr), der hat auch schon die schwierigste Sequenz des Films überwunden, denn ab dann wird diese Ausgangslage immer interessanter. Irgendwann entdeckt der Geist einen anderen Geist (Kesha) am Fenster des Nachbarhauses. Sie sagt ihm, dass sie auf jemanden wartet, aber inzwischen vergessen auf wen. Anfangs ist es seine Frau, die er beobachten wird - doch das Haus verändert sich. Es ziehen neue Mieter ein. Diese Zukunft entfernt die Frau. Er wandert aber auch in die Vergangenheit und sieht sich am Ende selbst als er noch glücklich mit seiner Frau im Haus lebte...



"A Ghost Story" wird von Minute zu Minute besser und mich hat der Film von David Lowrey, der mit wenig Budget realisiert wurde, an "Tropical Malady" von Apichatpong Weerasethakul und seine Stärke ist die hypnotische Komponente, die der Film in sich trägt. Magie und viel Traurigkeit - sicherlich eine Kombination, die nicht für Jedermann gemacht ist.  Lange Takes und sehr langsames Tempo, dazu schickt der Regisseur sein Geistwesen vorwärts, rückwärts und seitwärts in der Zeit.
"Ghost Story" setzt nie auf Spuk, sondern um den tödlichen Verlust und um Desorientierung. Wie in allen magischen Geisterstorys ist auch der Klang enorm wichtig, Komponist Daniel Hart hat den Soundtrack gemacht und auch der Song "I Get Overwhelmed" verstärkt die Trauerstimmung noch zusätzlich. Obwohl der Geist sich nur selten bewegt - manchmal macht er doch aus Verzweiflung plötzliche Bewegung, dies sind dann die suggestiven Anteile seines Daseins.







Bewertung: 7 von 10 Punkten. 

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