Regie: David Lowery
Existenz nach dem Tod...
David Lowerys Horrorbeitrag "A Ghost Story" ist auf alle Fälle sehr
gewöhnungsbedürftig und dürfte vor allem die Genrefans enttäuschen, die
einen konventionellen Geisterfilm mit viel Gruseleffekten erwarten. Von
diesem Konzept weicht "Ghost Story" mit seiner spröden Machart total ab
und stattdessen macht er es dem geduldigen Zuschauer möglich irgendwann
diesen eigenartigen meditativen Stil zu genießen. Lowery schrieb auch
das Drehbuch und in einem Interview gab der Filmemacher zu, dass er nach
der Disney Großproduktion "Elliot, der Drache" einen kleinen, sehr
intimen Film drehen wollte. Dabei wurde er durch eine Auseinandersetzung
mit seiner Frau inspiriert. Er wollte das alte Haus, in dem sie schon
lange lebten, nicht verlassen, weil er neben Erinnerungen mit diesem
auch die früheren Bewohner dieses Hauses zu spüren glaubte. Solch ein
Haus ist auch der Hauptdarsteller unserer Geschichte, denn er bleibt
existent, auch wenn sich im Laufe der Geschichte die Zeiten ändern.
Im Grunde ist die Idee ganz einfach, aber sie wird auf ein neues,
sehr interessantes Niveau gebracht und konfrontiert den Zuschauer mit
dem Blick ins Unsichtbare. Auf der einen Seite läuft die ganz normale
Realität ab, doch der Zuschauer sieht was die Figuren des Films nicht
sehen. Unsere Welt wird von Geistern, von toten Menschen beobachtet, die
eine gewisse Zeit dort bleiben, wo sie gelebt haben.
Ein solcher Geist ist der derzeitige Bewohner des Hauses (Ben
Affleck), der an diesem alten Haus hängt. Seine Frau (Rooney Mara) würde
allerdings viel lieber in die Stadt ziehen. Er wirkt wie ein Träumer,,
macht Musik und trödelt ein bisschen vor sich hin. Aber die Beziehung
der beiden ist sehr innig. Man hört sie darüber sprechen, dass es
vielleicht Geister im Haus geben könnte. Denn in der Nacht ertönt für
eine Sekunde das Klavier und die beiden haben das Gefühl seltsame
Lichtmuster an der Wand zu sehen. Dann hat der junge Mann einen
tödlichen Unfall und liegt in der Leichenhalle. Seine Frau muss ihn
identifizieren. Für den Rest des Films ist der Verstorbene in das weiße
Leichentuch gehüllt, dass in der Leichenhalle auf ihn gelegt wurde. Mit
ausgeschnittenen Augenhöhlen wirkt er nun wirklich wie ein Geist oder
wie kleine Kinder sich einen Geist vorstellen. Eine lange Szene zeigt
die Frau, wie sie den Schokoladenkuchen ihres Freundes isst, immer mehr -
natürlich wird sie sich erbrechen müssen. Wer diese ausufernde Szene
übersteht (die Frau isst und isst - das Geistwesen steht regungslos
neben ihr), der hat auch schon die schwierigste Sequenz des Films
überwunden, denn ab dann wird diese Ausgangslage immer interessanter.
Irgendwann entdeckt der Geist einen anderen Geist (Kesha) am Fenster des
Nachbarhauses. Sie sagt ihm, dass sie auf jemanden wartet, aber
inzwischen vergessen auf wen. Anfangs ist es seine Frau, die er
beobachten wird - doch das Haus verändert sich. Es ziehen neue Mieter
ein. Diese Zukunft entfernt die Frau. Er wandert aber auch in die
Vergangenheit und sieht sich am Ende selbst als er noch glücklich mit
seiner Frau im Haus lebte...
"A Ghost Story" wird von Minute zu Minute besser und mich hat der
Film von David Lowrey, der mit wenig Budget realisiert wurde, an
"Tropical Malady" von Apichatpong Weerasethakul und seine Stärke ist die
hypnotische Komponente, die der Film in sich trägt. Magie und viel
Traurigkeit - sicherlich eine Kombination, die nicht für Jedermann
gemacht ist. Lange Takes und sehr langsames Tempo, dazu schickt der
Regisseur sein Geistwesen vorwärts, rückwärts und seitwärts in der Zeit.
"Ghost Story" setzt nie auf Spuk,
sondern um den tödlichen Verlust und um Desorientierung. Wie in allen
magischen Geisterstorys ist auch der Klang enorm wichtig, Komponist
Daniel Hart hat den Soundtrack gemacht und auch der Song "I Get
Overwhelmed" verstärkt die Trauerstimmung noch zusätzlich. Obwohl
der Geist sich nur selten bewegt - manchmal macht er doch aus
Verzweiflung plötzliche Bewegung, dies sind dann die suggestiven Anteile
seines Daseins.Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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