Regie: Denis Villeneuve
Ankunft der Ausserirdischen...
Das weltweite Einspielergebnis von 198 Millionen Dollar kann sich sehen lassen. Der kanadische Filmregisseur Denis Villeneuve, der 2010 mit seinem hervorragenden Nahostdrama "Die Frau, die singt" schlagartig bekannt wurde, hat sich mit guten Nachfolgefilmen wie "Enemy", "Prisoners" oder "Sicario" zu einem Kritikerliebling entwickelt. Und auch sein Ausflug ins Science Fiction Fach mit "Arrival" ist extrem gut gelungen. Man könnte aufgrund der Nähe zu den realistischen Zukunftsszenarien eine verwandtschaftliche Nähe zu de jüngsten Klassikern des Genres wie "Gravity" (Alfonso Cuaron), "Der Marsianer" (Ridley Scott) und "Interstellar" (Christopher Nolan) ziehen, dennoch ist "Arrival" ein bisschen mehr. Zudem ist er der gelungenste Film dieses erfolgreichen Quartetts. Man könnte ihn als eine Fortzsetzng zu Spielbergs "Close Encounters" deuten, denn "Arrival" beschäftigt sich ausschließlich mit der ersten Landung von Ausserirdischen auf unserem Planeten. Durch den philsophischen Unterton erinnert er auch an Ron Howards "Contact", der Villeneuve vermeidet es eine Erklärung für dieses geschichtlich bedeutsame Zukunftsereignis zu liefern.
Spannung bezieht "Arrival" dabei aufgrund seiner Klarheit beim Thema zu bleiben. Der Mensch ist konfrontiert mit einer fremden Spezies und sucht Kontakt. Dieser ist erschwert, da die Sprache uns nicht weiterhilft mit den überraschend bei uns gelandeten Gästen zu kommunizieren. Es geht dabei um die Möglichkeiten und Grenzen von Sprache im allgemeinen und darum wie wir mit etwas umgehen, was wir nicht verstehen. Der Film zeigt eindrücklich die Angst, die hinter diesen Kennenlernen steckt. So hat das federführende Militär die primäre Aufgabe herauszufinden "Woher kommt ihr und vor allem was wollt ihr hier bei uns".
Verwoben mit dieser Fragestellung ist auch das persönliche Schicksal und Leben der Liguistin Dr. Louise Banks (Amy Adams), die vor kurzem ihre junge Tochter auf dem Sterbebett in den Tod begleiten musste.
Während einer ihrer Vorlesungen an der Uni landen zwölf außerirdische Raumschiffe an unterschiedlichen Punkten auf der Erde. Banks und der Physiker und Mathematiker Ian Donnenlly (Jeremy Renner) werden von US-Colonel Weber (Forest Whittaker) spezielle für ein amerikanisches Team engagiert, da eins dieser zwölf muschelfrömigen Flugköerper auch in Montana gelandet ist. Die ersten Versuche durch Teams von Militär und Geheimdiensten hatten keinen Erfolg mit den Ausserirdischen, die wie riesige Tintenfische aussehen, Kontakt aufzunehmen. Doch jedes von diesen 450 m hohen schwarzen, monolithisch wirkenden Raumschiffe öffnet sich alle 18 Stunden und den Menschen wird so die Betretung erlaubt. Ein Schacht, in dem die Schwerkraft manipuliert ist, gelingt die Crew in einen Raum, der von durch Glas abgetrennt ist. Auf der einen Seite stehen die Menschen, auf der anderen die beiden Aliens.
Beide Wissenschaftler müssen nun versuchen eine Kommunikation mit diesen Wesen mit den sieben Füßen (daher werden sie sofort als Heptapoden bezeichnet) aufzubauen, scherzhaft bekommen die beiden Aliens dabei die Namen "Abbott und Costello" verpasst.
Während Louise und Ian ihre Namen auf Schrifttafeln schreiben, antworten die Außerirdischen mit ihren Füßen und zeichnen kreisrunde Schriftzeichen an die Wand, die jedesmal ein anderes Aussehen haben. Doch der Kontakt bleibt nicht ohne Konsequenzen. Immer mehr Bilder ihrer verstorbenen Tochter erscheinen Louise und sie kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Aliens bereits einen Zugang zu ihr persönlich gefunden haben. Somit wird die Geschichte über den ersten Kontakt mit Ausserirdischen auch eine Geschichte wie wir mit Verlust umgehen, wenn wir jemanden verlieren, denn wir lieben....
Villeneuve hat mit "Arrival" Ted Chiangs Erzählung "Story of my life" aus dem Erzählband "Die Hölle in der Abwesenheit Gottes" sehr gut verfilmt. Hier stimmt einfach alles. Die Dramaturgie, das Timing, die Farben, die Bilder...alles fügt sich als Einheit meisterlich zusammen. Amy Adams beweist einmal mehr, dass sie eine klasse Schauspielerin ist. Der Fokus liegt strikt bei der linguistischen Prämisse und diese sorgt für Authentizität und Spannung, auch wenn es nicht viel Action gibt. Aber ausserhalb dieser Begegnungen zwischen zwei Menschen und zwei Ausserirdischen wird immer wieder Bezug darauf genommen, wie die Menschheit an den 12 verschiedenen Orten (auch Russland und China) auf die Besucher reagiert...man spürt die Angst, man spürt die Anspannung und auch die kriegerischen Methoden, die zunehmend von der Bevölkerung gewünscht wird. Man will die Eindringlinge, die sich nicht in ihren Absichten zu erkennen geben können, am liebsten zerstören und beseitigen. Also das übliche menschliche Säbelrasseln, während indivuell ein tiefenphilosophischeer Exkurs in das Wesen von Sprache und Kommunikaton als Alternative aufgezeigt wird. Ein Plädoyer fürs Verstehen vom Gegenüber, dass so viel höher anzusiedeln ist wie militärische Stärke oder Heldentum, Kriegserfolg und sogar menschliche Intelligenz. Mit der unheimlichen Begegnung der dritten Art, die unvergesslich bleibt, sorgt aber auch die menschliche Begegnung noch für einen weiteren Höhepunkt des Lebens.
Das Bild der trauernden Mutter am Bett ihrer kahlköpfigen Tochter wird noch öfter im Film zu sehen sein, aber das Schlußbild steht für die Hoffnung auf weitere Glücksmomente. "Arrival" war einer der großen Oscarkandidaten des Jahres 2016. Der Film bekam insgesamt 8 Nominierungen (Bester Film, Beste Regie, Bestes adaptiertes Drehbuch, Bester Tonschnitt, Bester Ton, Bester Schnitt, Beste Kamera (Bradford Young) und bestes Szenenbild. Allerdings gabs am Ende die Auszeichnung nur für Sylvain Bellemare in der Kategorie "Bester Tonschnitt".
"Arrival" kann man als eine Art neuen "Am Tag, als die Erde stillstand" ansehen.Bewertung: 9 von 10 Punkten.