Regie: M. Night Shyalaman
Die unbekannten Großeltern...
Und noch ein Found Footage Film...als Horrorfilmfan hat man sich an
diese "trendige" Machart inzwischen gewöhnt und man sich schon gar
nicht mehr daran, dass es reichlich absurd ist, wenn der begeisterte
Hobbyfilmer der Geschichte die Kamera immer drauf hält, selbst wenn er
um sein eigenes Leben rennen müsste. Im Grunde hat dies auch nurt zu
"Blair Witch Project" von von Daniel Myrick und Eduardo Sanchez perfekt
gepasst, weil es dort offensichtlich war, dass die Protagonisten, die
sich in der Wildnis verlaufen hatten, bei ihrer Odyssee nur teilweise
die Kamera laufen ließen. Bei allen andern Nachfolgefilmen kam aber der
'Gedanke auf, dass es reichlich unlogisch ist, wenn man ständig nur noch
in der Gegend herumläuft und alles mitfilmt. Egal, ob wir heute in
einer Zeit von "Youtube" oder "Selfies" leben. Es sei denn man ist
irgendwie Psychopath wie der Kameramann Mark Lewis, gespielt von
Karlheinz Böhm, im Powell-Klassiker "Augen der Angst". Aber davon sind
die beiden Protagonisten in M. Night Shyalamans "The Visit" weit
entfernt. Es ist aber offensichtlich, dass die beiden Geschwister
Rebecca (Olivia DeJonge) und Tyler Jamison (Ed Oxenbould) mit der
Filmerei eigene Ängste zu kompensieren versuchen, Rebecca beispielsweise
benutzt ihre Kamera vielleicht sogar als Ersatz des Blickes auf sich
selbst. Was ein interessanter Aspekt in diesem mit wenig Budget
gedrehten Comeback des indisch-stämmigen Regisseurs darstellt. Die
Produktionskosten beliefen sich auf 5 Millionen Dollar, Shyalaman
finanzierte dieses Geld durch sein eigenes Gehalt, das er für seinen
vorigen, vielkritisierten Film "After Earth" bekommen hatte. Mit "The
Visit" kehrt er auch zurück in das Genre, dass ihm zu Weltruhm verhalf.
Wenn
man die Werbung für diesen Film im Vorfeld betrachtet, kommt der
Gedanke auf, dass M. Night Shyalaman auch auf das Potential der
Geschichte als Komödie hinweisen wollte: Grandmas Rules: Have a good
time, eat as much as you want...but don´t leave your room after 9.30pm.
Hört sich fast wie der dringende Appell aus "Gremlins" an, diesen süßen
Mogwai nicht mehr nach Mitternacht zu füttern.
Tatsächlich
gab der Regisseur in einem Interview preis, dass er drei verschiedene
Filmenden gedreht hatte: Eines, das pure Komödie sei, eines, das
ausschließlich Horror sei und ein drittes, ein Mix aus beiden. Durch
den kleinen 13jährigen Tyler, der gerne rappt kommt tatsächlich eine
humorige Note in den Film, ansonsten ist der Film aber sehr ernst...und
vor allem schräg, skurril und geheimnisvoll. Der sehr gelungene Film hat
mich in seinen besten Szenen an Polanskis bizarres Meisterwerk "Der
Mieter" erinnert. Und der wiederum ist ja ein sehr naher Verwandter zu
"Rosemarys Baby", wobei wir bei den "Bösewichtern" dieser Filme wären:
Allesamt betagte Menschen, die scheinbar ganz harmlose und normale
Bürger sind. Aber dennoch lauern gerade in dieser scheinbar wohligen
Idylle irgendwelche Abgründe ganz fieser Art. Die Geschichte beginnt als
die alleinerziehende Mutter Loretta (Kathryn Hahn) mit ihrem neuen
Lover Miguel eine Kreuzfahrt machen möchte. Sie leidet schon immer noch
unter der Tennung ihres älteren Mannes, der sie wegen einer Jüngeren
verlassen hat. Auch die Kinder Rebecca und Tyler haben diesen
schmerzlichen Einschnitt in ihrem jungen Leben noch nicht richtig
verdaut. Tyler beispielsweise reagiert sehr pathologisch auf Keime. Mit
ihren Eltern hat sich Loretta vor 17 Jahren zerstritten und sie seither
nie mehr besucht. Doch nun kam vor einiger Zeit ein Lebenszeichen der
alten Leute, dass sie unbedingt ihre Enkel einladen würden, was
natürlich Loretta in den Plan passt. So reisen die beiden Teenager
alleine zu den ihnen völlig unbekannten Großeeltern (Deanna
Dunagan/Peter McRobbie) und werden dort herzlich empfangen. Sehr
schnell ist das Eis gebrochen und Alt und Jung verstehen sich prächtig.
Und Rebecca hat dabei Gelegenheit dort in der einsamen Gegend, wo Oma
und Opa zuhause sind, einen Film über diese Urlaubserlebnisse zu machen.
Der kleine Bruder wirkt als Assistent bei diesen Filmaufnahmen mit.
Doch schon in der ersten Nacht kommt es zur ersten verstörenden
Begebenheit. Die Großeltern scheinen irgendwie sehr seltsam zu werden,
je später der Abend ist...
M. Night Shyalaman war klug
genug die unheimlichen Szenen sehr dezent zu platzieren, so kommt für
meine Begriffe auch mal ein guter Suspence-Gehalt zum Tragen, was ja bei
vielen Genreverwandten eher plump und reisserisch augestaltet wird. Es
gibt nur wenige Szenen - möglicherweise für hartgesottene Horrorfans zu
subtil und ruhig inszeniert - aber diese zeugen schon für eine dichte
Spannung. Es sind wirklich sonderbare Großeltern, die von Deanna Dunagan
und Peter McRobbie toll gespielt werden. Shyalaman gelingt es über
weite Strecken eine Unsicherheit beizubehalten: Sind Grandma und Grandpa
böse ? Sind sie verrückt ? Oder völlig harmlose Leute, die nicht mehr
so ganz gut - sowohl körperlich als auch geistig - funktionieren.
Einiges ist möglich, erst das Ende gibt Aufschluß. Dieser Schluß ist
zwar ebenfalls gelungen, flacht aber im Vergleich zu den vorherigen
unheimlichen 80 Minuten etwas in der Qualität ab. Wobei es ein Beweis
dafür ist, dass die Ungewissheit Angst erzeugt, aber wenn das Rätsel
sich löst, lassen sich auch die Ängste - trotz der höheren Gefahr -
wieder lösen.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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