Samstag, 26. Oktober 2019

Die Kinder der Verdammten

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Regie: Anton M. Leader
 
Seltsame Kinder...
 
1960 drehte Wolf Rilla mit "Das Dorf der Verdammten" einer der besten Werke des Horror/Sciencefiction Genres. Durch den Erfolg des Films kam es auch zu einer Art Fortsetzung. "Die Kinder der Verdammten" entstand 1963 und kam ein Jahr später in die kinos. Durch das gute Original wurde immerhin noch ein BoxOffice Ergebnis von 1 Millionen Dollar in den USA erreicht, doch dieser Film von Anton M. Leader kann dem Original leider nicht das Wasser reichen. Es liegt vielleicht daran, dass die Macher die klaustrophobische Atmosphäre des Vorgängers aufgebrochen haben, was sich dann an der eher geringen Spannung bemerkbar macht.
Dennoch beginnt auch "Kinder der Verdammten" äusserst interessant.
Der britische Psychologe Tom Lewellin (Ian Hendry) und der Genetiker David Neville (Alan Badel) interessieren sich für Paul, einen Jungen aus London, dessen Mutter Diana (Sheila Allen) das Kind eindeutig hasst und darauf besteht, dass sie nie von einem Mann berührt wurde.
Der kleine Paul verfügt über ausserordentlich intellektuelle Fähigkeiten und ist in der Lage ein äusserst schwieriges Puzzle in Höchstgeschwindigkeit zu lösen. Diese Gabe haben auch noch fünf weitere Kinder, die diese Meisterleistung in der gleichen Rekordzeit schaffen wie Paul. Die anderen Kinder sind gleich alt wie Paul, aber sie sind in verschiedenen Ländern der Erde aufgewachsen und hatten bisher keinen Kontakt zueinander. Es sind Mi Ling (Yoke Moon-Lee) aus China, Rashid (Mahdu Mathen) aus Indien, Aga Nagolo (Gerald Delsol) aus Nigeria, Nina (Roberta Rex) aus der Sowjetunion und Mark (Frank Summerscale) aus den Vereinigten Staaten. Die Kinder sind aufgrund der anstehenden Forschungszwecke alle in London in ihren Botschaften untergebracht. Doch sie entkommen, weil sie auch aus der Ferne miteinander kommunizieren können und verschanzen sich in einer verlassenen Kriche in Southwark. Pauls Tante (Barbara Ferris) ist die einzige, die mit den Kindern zusammen ist. Möglicherweise wurde die Frau von den Kindern, die alle vaterlos waren, mental beeinflusst oder manipuliert. Jedenfalls hat die Wissenschaft, Politik und das Militär großes Interesse an den Kindern, aber die kleinen Intelligenzbestien machen auch Angst. So wird bald darüber debattiert, ob man die sechs Kinder vernichten soll oder nicht...


Obwohl auch dieser Film interesant beginnt, hält sich diese Qualität leider nicht bis zum Schluß. Denn sehr schnell steht der Zuschauer ganz auf der Seite der Kinder, weil der Mensch wieder einmal beweist, dass er viel gefährlicher ist als der mögliche Gast aus einer anderen Welt oder Galaxis. Hier sorgte das Original für viel mehr Ambivalenz und unsicherheit beim Zuschauer. Dort wusste man, dass von den kleinen Kindern auch eine ganz große Gefahr ausging und dass sie auch böse Dinge tun. In der Fortsetzung muten die Aktionen der Kids eher wie Notwehr an. Somit bleibt die Geschichte harmlos - für die 60er ist eher die ganz normale Beziehung zwischen Genetiker und Psychologe interessant, denn sie teilen wie selbstverständlich Tisch und Bett. Auch der Schluß mit dem Schraubenzieher, der das Problem aus Versehen löst, befriedigt nicht wirklich. Hier vermisst man eindeutig diesen hypnotischen Zweikampf bzw.das Auge um Auge zwischen Vater und Sohn aus "Dorf der Verdammten"


Bewertung: 6 von 10 Punkten. 

Sonntag, 6. Oktober 2019

Wir

























Regie: Jordan Peele

In der Kanalisation...

Regisseur Jordan Peele bleibt auch nach dem Nachfolgefilm von "Get out" ein sehr interesanter Filmemacher. Darüberhinaus ist er derzeit der innovativste Macher des "Black Cinema". Der Horrorfilm "Get out" war nicht nur ein Publikumsmagnet (Einspielergebnis weltweit 255 Mio. Dollar) sondern auch ein Thema für die Filmkritiker. Bei der Oscarverleihung konnte der Film vier Nominierungen bekommen, was für dieses Genre äusserst selten ist. Auch "Wir" (US-Titel: Us) bekam den Zuspruch vom Publikum, denn es wurde mit 255 Millionen Dollar Einspiergebnis ein nahezu identisches Ergebnis bei der Kinoauswertung erzielt.
Der Prolog des Films bezieht sich auf Wesen, die in der Kanalisation leben, auf urbane Legenden und die erste Szene bietet eine Rückblende ins Jahr 1986. Rayne (Anna Diop) und Russel Thomas (Yahya Abdul-Mateen II) spazieren mit ihrer kleinen Tochter Adelaide (Madison Curry) über einen Vergnügungspark in Santa Cruz. Als das Mädchen kurz unbeaufsichtigt ist, läuft sie neugierig auf dem Areal weiter, die Treppe hinunter zum Strand. Dort steht eine Bude, in der sich wohl ein Spiegellabyrinth befindet. Plötzlich geht dort das Licht aus und das kleine Mädchen findet den Ausgang nicht mehr. Neben ihrem eigenen Spiegelbild entdeckt sie im Dunkel ein Mädchen, dass identisch wie sie aussieht. Zum Entsetzen der Kleinen ist es aber nicht mehr ihr Spiegelbild, sondern eine Doppelgängerin. Beide schauen sich interessiert bis geschockt an. Dieses Erlebnis aus der Vergangenheit hat die erwachsene Adelaide (Lupita Nyong´o) bis heute nicht ganz überwunden. Im Hier und Jetzt ist sie mit Gabe (Winston Duke) verheiratet und mit Zora (Shahadi Wright Joseph) und Jason (Evan Alex) zwei nette Kids. Zu viert haben sie sich entschlossen dort wo Adelaide dieses Kindheitstrauma erlebte, Ferien zu machen. Sie wollen dort auch die befreundete Familie Tyler (Tim Heidecker, Elizabeth Moss, Cali und Noelle Sheldon) treffen. Sie werden aber auch Bekanntschaft mit vier Wesen machen, bei denen sich herausstellt, dass es sich um die bösen Doppelgänger der Familie handelt und die Vier kommen eines Nachts zu Besuch. Das ist kein netter Höflichkeitsbesuch, sondern die Doppelgänger sind als Home Invasoren und Schlachter gekommen....





Das Doppelgängermotiv ist nicht erst seit der deutschen Romantik eng mit dem Unheimlichen und der Angst vor dem Verlust der Handlungsfähigkeit verknüpft. Im Horrorgenre ist es ein immer wiederkehrendes sehr beliebtes Thema, spontan fällt mir da Don Siegels 50s Meisterwerk "Die Dämonischen" ein, wo im Keller der Häuser riesige Schoten heranwachsen und reifen, aus denen gefühllose Doppelgänger entstehen. Jordan Peele setzt auf dieses Identitätskonzept. Wenn man den immer noch aktuellen Rassismus in den USA mit dazu nimmt, bekommt dieses Motiv natürlich noch eine zusätzliche Bedeutung. Der Originaltitel "US" ist natürlich auch mehrdeutig, da es auch die Initialen der Vereinigten Staaten sind. Die untere Parallelwelt, die uns Peele präsentiert wirkt auch wie ein Klassensystem, in dem man im Gegensatz zu "Oben" in großer Armut lebt. Peele spielt auch gerne mit Symbolen, so tauchen Kaninchen und Hasen auf und es gibt im Film einen biblischen Verweis durch Jeremiah, in dem es heißt: "Darum spricht der Herr: Ich werde eine Katastrophe bringen, in der es kein Entkommen gibt. Obwohl ihr nach mir schreit, werde ich euch nicht hören". Trotz einiger weniger geglückten Szenen in der Mitte des Films, kann man auch "Wir" als kleines Meisterwerk feiern, denn der Film ist am Ende total rund und in sich stimmig. Dies ist dem Regisseur vor allem auch durch die originelle Machart gelungen und phasenweise fühlt sich selbst der Zuschauer genauso verloren wie die kleine Adelaide, die versucht die "Hall of Mirrors" rational zu ergründen. 






Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

Mittwoch, 2. Oktober 2019

The Addiction

























Regie: Abel Ferrara

Vampire in New York City...

Wenn Abel Ferrara einen Vampirfilm dreht, dann kann man sicher sein, dass es eine ganz besondere Genrearbeit sein wird. 1995 drehte er "The Addiction" und er erklärte in einem Interview von 2018, dass er diesen - inzwischen zum Kultfilm avancierten Arthouse Horror - als explizite Metapher für Drogenabhängigkeit verstehen wolle. Ferrara war selbst seit Jahren heroinabhängig und stellte den Film als eine katholische Erlösungsgeschichte vor. Kathleen Conkin von ihrer Gier nach Blut geplagt, akzeptiert am Ende ihre Ohnmacht und unterwirft sich Gott. So kann sie wiedergeboren werden. Dahingehend ist auch der Schluß des Films zu deuten, der vielleicht von vielen Zuschauern gar nicht verstanden wird.
"Schau mich an und sag mir, ich soll gehen. Frag nicht warum, sag es mir nur einfach" - diese Worte werden im Film zu einer Art Refrain. Es sind die Worte, die der Vampir zu seinem neuen Opfer sagt und würden diese Worte vom potentiellen Opfer gesagt werden, dann würde der Vampir verschwinden. Aber interessanterweise sagen die Menschen in ihrer Not etwas anderes, man hat das Gefühl als würden sie doch gerne wissen wollen wie die Attacke des Fremden bzw. der Fremden weitergehen. So hat die Begegnung zwischen Vampir und Opfer in "The Addiction" etwas sehr sexuelles.
Kathleen Conklin (Lili Taylor) ist eine eher introvertierte Doktorandin, die Philosophie an der New York University studiert. Eines Nachts wird sie von einer Frau (Anabella Sciorra) angegriffen, die sich "Casanova" nennt. Die attraktive Unbekannte stößt Kathleen in ein Treppenhaus, beißt Kathleen in den Nacken und trinkt ihr Blut. Kathleen entwickelt in der Folgezeit mehrere traditionelle Symptome von Vampirismus, einschließlich Abneigung gegen Tageslicht und Abneigung gegen Nahrung. Sie verhält sich auch zunehmend aggressiv. Ihr Freundin Jean (Edie Falco) bemerkt dies und auch ihr Professor (Paul Calderon) mit dem sie eine Liebschaft hat. Sie kann aber ihre Veränderung immer mit schönen Worten erklären. Dabei sind ihre weiteren Aktivitäten mehr als abenteuerlich. Sie beißt einen dunkelhäutigen Straßenjungen (Fredro Starr), der mit ihr Sex haben möchte und sie baggert in der Bibliothek eine Studentin der Anthropologie (Kathryn Erbe) an. Auch sie wird von Kathleen gebissen und so zum Vampir gemacht. Auf der Straße lernt sie einen recht abgeklärten Vampir namens Peina (Christopher Walken) kennen, der behauptet, dass er seine Sucht nach Blut fast überwunden hat. Dessen mentale Unterstützung hilft etwas, sie promoviert und auf der Abschlussfeier, bei dem auch ihre Mitvampire eingeladen sind, gibts eine wüste Orgie und weitere Opfer...






Zuletzt steht der Satz "Selbstoffenbarung ist Selbstvernichtung" als symbolträchtiges Ende und dennoch einer der besten Filme des New Yorker Kultregisseurs, der sich in seinen Filmen immer wieder mit den Themen Religion, Erlösung und Selbstzerstörung auseinandersetzt. Die Schwarz weiß Bilder von Kameramann Ken Kelch sind perfekt.





Bewertung: 9 von 10 Punkten.