Freitag, 23. November 2012
Hansel und Gretel
Regie: Lim Pil-Sung Yim
Wir sind keine schlechten Kinder....
Eun-Soo (Jeong-myeong Cheon)ist einer dieser unverbesserlichen Autofahrer, die während der Fahrt tiefgreifende Gespräche per Handy führen und sich immer noch fahrtüchtig und für konzentriert genug halten. Er streitet mit seiner schwangeren Freundin, befindet sich auf dem Weg zu seiner todkranken Mutter fährt er auf einer Landstraße zwischen Wiese und Wald. Durch einen Gegenstand auf der Fahrbahn verliert er plötzlich die Kontrolle über den Wagen und erwacht verletzt im Wald.
Ein kleines Mädchen Young-Hee (Sim Eun-kyung) findet ihn und bringt ihn ins Haus ihrer Eltern und ihrer Geschwister Manbok (Eun Won-jae) und der kleineren Jung-Soon (Ji-hee Jin).
Das unheimliche wie faszinierende Hexenhäuschen im Wald erinnert tatsächlich an Grimms "Hänsel und Gretel" und beinhaltet viel knallig bunten, kindergerechten Disney-Style mit kitschigem Spielzeug und anderer kinderfreundlicher Einrichtung, die Eltern servieren inmitten des ganzen Spielzeugs bunten Kuchen und Donuts zum Frühstück.
Es finden sich auch viele Requisisten im Haus, die der Romantik und vor allem der Grimmschen Märchen entsprungen sein könnten. Bücher mit Bildern auf denen ein Ofen abgebildet ist, in dem ein menschlicher Körper bruzzelt, unheimliche Hasenköpfe überall: an den Wänden, an den Türgriffen. Ein labyrinthartiger Dachboden, kleine Holzfiguren in den spärlich mit Laternen beleuchteten Zimmern...
Eun-Soo empfindet die fünfköpfige Familie recht nett und hilfsbereit, aber auch sonderbar und eigenartig skurril.
Am Tag danach will er aufbrechen, denn in der Einöde des Waldes gibts kein Telefon, aber der Weg aus dem Wald erweist sich als extrem schwierig.
Die Kinder sind irgendwie besitzergreifend und hoffen darauf, dass Eun-Soo bleibt. Sie wollen ihn gar nicht gerne gehen lassen. Tatsächlich kehrt der verirrte Eun-Soo zurück, inzwischen sind die Eltern spurlos verschwunden und baten Eun-Soo in einem Brief sich in der Zwischenzeit um die Kinder zu kümmern. In der weiterhin idyllischen und auch unheimlichen Umgebung ereignen sich immer mehr seltsame und unheimliche Ereignisse. Sind die Kinder gar nicht so lieb, wie sie sich geben ? Bald - mit dem ersten Schnee- taucht auch noch ein Bibelverse singender Prediger mit seiner Freundin auf....
"Hansel & Gretel" ist ein weiteres Beispiel für die blühende Filmszene Südkoreas. Der erstaunlich europäisch wirkende Film lief mit gutem Erfolg beim Fantasy Filmfest 2009 und ist in seiner Grundstruktur ein altmodischer alter Grusler mit viel Motiven aus Märchen und grusligen Filmklassikern. Dabei ist die Hänsel und Gretel Variante nicht dominierend, aber eine Erweiterung der Geschichte, dass die Kinder - enttäuscht von ihren Eltern, warum auch immer - nicht mehr nach Hause wollen, sondern sich im Haus der Hexe bzw. des Bösen niedergelassen haben. Dabei hoffen sie auf neue Ersatzeltern, die sie für immer liebhaben.
Dies ist aber wie gesagt nur eine Facette des Films, es kommt auch inhaltlich eine Erinnerung an "Schloss des Schreckens" (Kindermädchen Miss Giddens empfindet die ihr anvertrauten Kinder Miles und Flora als böse und besessen) auf. Auch dürfte der Director ein Fan von Charles Laughtons "Nacht des Jägers" sein.
Ansonsten viel Märchen Deja vu.
Visuell ist der Film übrigens überwältigend, echte Weltklasse, Regisseur des Films Lim Pil-Sung Yim orientiert sich optisch vornehmlich an seinen Kollegen Tim Burton, Guillermo del Toro oder Terry Gilliam, von denen einige Werke mit dem bildgewaltigen "Hansel & Gretel" verglichen werden könnten. Trotz dieser Ähnlichkeiten bleibt der Film eigenständig.
Auf jeden Fall sind Kameraarbeit und Art-Direction oscarwürdig. Was vielleicht an richtigem Grusel fehlt, das wird durch diese erlesenen Bilder auf jeden Fall wieder wettgemacht.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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