Freitag, 23. November 2012

eXistenZ

Regie: David Cronenberg

Cronenbergs Comedy

Die wie ein Weltstar verehrte Computerspiel-Designerin Allegra Geller (Jennifer Jason Leigh) hat ein neues Spiel erschaffen - sozusagen eine neue Generation von Spiel, bei dem die Grenzen zwischen Fitkion und Realität verwischen werden. Das neue Videospiel mit dem Namen eXistenZ (e, gross X, i,s,t,e,n, gross Z) wird mittels einer Nabelschnur unmittelbar in das Rückenmark des Spielers eingestöpselt, er braucht dazu an dieser Körperstelle eine Öffnung, eine Art Steckdose - den Bioport. Statt die Spielzüge auf einem Bildschirm zu verfolgen, spielt sie alles was folgt - und von der Realität nicht mehr trennbar - direkt im Gehirn des jeweiligen Spielers ab.
In einer verlassenen Kirche, irgendwo in einer Einöde, treffen sich die Spielfreaks, um Allegra zu feiern und um vor allem, exklusiv die ersten zu sein, die das Spiel noch vor der weltweiten Veröffentlichung spielen zu dürfen. Doch Allegra hat nicht nur Fans, sondern Todfeinde. Ein zu spät zum Event kommender Teilnehmer (Kris Lemche) verübt mit einer seltsamen Waffe aus Tierknochen und Zähnen einen Anschlag auf die Göttin der Spiele. Ihr PR-Manager (Richard Eccleston) wird dabei getötet, ihr gelingt mit dem Praktikanten Ted Pickul (Jude Law), der am besagten Abend die Security übernommen hat, aber vorerst die Flucht. Allegra muss nun herausfinden, ob der Original Game Pod, den sie retten konnte, noch intakt ist und ob sich das Spiel noch spielen lässt. Dabei braucht sie einen Mitspieler und diese (un)dankbare Rolle fällt natürlich notgedrungen dem jungen Ted zu, der sich als echter Spielemuffel entpuppt. Er hat sich noch nicht mal einen Bioport legen lassen. Das muss schnellstens nachgeholt werden, damit diese hässliche, klitschige Spielkonsole, die wie ein Anus aussieht, bei ihm, einer Jungfrau auf diesem Gebiet, aktiv werden kann.
Eine heruntergekommene Tankstelle mit einem zwielichten Tankwart (Willem Dafoe) ist Anlaufstelle Nr.1. Doch die Feinde lauern überall, weitere Gestalten tauchen auf: Kiri Vinokur (Ian Holm) ein Freund von Allegra...bevor das Spiel gestartet werden kann oder läuft es etwa schon ? Die Locations werden zunehmend surrealer, unappetitlicher, glitischiger (Cronenberg voll in seinem Element) und sowohl für Ted als auch für den Zuschauer bedrückender. So befindet sich Ted plötzlich an einem Fließband in einer Aufzuchtstation für mutierte Amphibien wieder, in denen er Riesenfrösche aufschneidet und ausnimmt, ohne es zu wollen - das Spiel kontrolliert seine Handlungen, um den Spielfluss voranzutreiben...


Noch nie hat David Cronenberg, der für seine biologischen Horrorfilme hoch verehrt wird, einen so komischen Film gedreht. Seine Satire wirkt stellenweise wie eine Parodie seiner früheren Arbeiten. Der Film ist witzig und überzeichnet: Die virtuelle Welt im Spiel eXistenZ sieht ungeheuer schäbig, ja total uneinladend aus, es gibt keinen einzigen vernünftigen Grund, ins Land "eXistenZ" zu gehen, aber alle wollen es. Die Menschen hängen an diesen Nabelschnüren wie Vieh und gelegentlich dürfen sie simulierten Sex haben oder gar einen Mord begehen, aber damit dieser Kick entsteht, giltes mit extremem Widerwillen in einem Chinarestaurant unidentifizierbare Fleischstücke(grün, braun, eklig) zu mampfen...
Vielleicht wurde der Film deshalb eher zwiespältig aufgenommen, weil Cronenberg ähnliche Themen (Mensch/Technik/Verformung/Parallelwelt) schon viel ernsthafter abgehandelt hat. "eXistenZ" wirkt ziemlich leicht und locker, obwohl er genug doppelten Boden zum Nachdenken bietet. Die augenzwinkernde Note irritert aber, die Aussage, dass Menschen von Heute zunehmend in eine kollektive Spielleidenschaft oder einem "Second Life" verfallen und sich inzwischen schon eine sehr beträchtliche Zeit des Lebens in virtuelle Welten ausgeklügelter Computerspiele flüchten,hätte man von Cronenberg gerne viel düsterer und bedrückender gesehen. Aber vielleicht schiebt er ja bald eine weitere Variante zu diesem sehr zeitgemüssen wie zukunftsbeängstigem Thema nach...

Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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