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Samstag, 15. Oktober 2016

Der Student von Prag


Regie: Stellan Rye

Mein Spiegelbild - an Lucifer verkauft...

Stellan Ryes Spielfilm "Der Student von Prag" entstand 1913 und gilt als erster Autoren- und Kunstfilm der Kinos. Großen Einfluss auf den am 22. August 1913 uraufgeführten Film nahm sicherlich der Schauspieler und Hauptdarsteller Paul Wegener, der auch die Grundidee der Persönlichkeitsspaltung des Studenden Balduin hatte. Der besondere Reiz des beim Max-Reinhard- Ensemble au Deutschen Theater in Berlin engagierten Mimen lag darin, der er eine Rolle verkörpern konnte, die sich auf der Bühne nie realisieren ließ. Mit dieser Doppelrolle gelang es ihm sich mit sich selbst zu konfrontieren. Wegener war sicherlich einer der wenigen Schauspieler, die die interessanten Möglichkeiten des Films bereits sehr deutlich erkennen konnte. Das Motiv des Films stammt aus der romantischen Literatur und findet im Film vor einer düsteren Kulisse in Prag um 1820 eine extrem einflussreiche Umsetzung des Stoffs. "Der Student von Prag" beeinflusste die später entstandenen Horrormeisterwerke der Weimarer Republik wie "Das Kabinett des Dr. Calgari" (1920., Robert Wiene), "Der Golem, wie er in die Welt kam" (19210, Paul Wegener, Carl Boese), "Nosferatu" (1922, Friedrich Wilhelm Murnau) oder Dr. Mabuse (1922, Fritz Lang). Und schon ein Jahr später wird ein weiteres Sagenmotiv für einen deutschen Film adaptiert. "Der Golem", eine Gestalt, das aus einem Lehmkloß zum Leben erweckt wird und als destruktives und einsames Geschöpf von einem Turm gestürzt wird, erneut Paul Wegener für die Titelrolle verpflichtet.
Viele Ähnlichkeiten mit der düsteren alptraumhaften Welt in "Student von Prag" gibt es auch in einer kurzgeschichte von Edgar Allan Poe oder in Goethes "Faust". Großen Anteil am großen Publikumserfolg hatte natürlich auch der Drehbuchautor Hans Heinz Ewers.
Der Student Balduin (Paul Wegener) gilt als bester Fechter der Stadt Prag, aber sein ärmliches Leben langweilt ihn sehr. Er verzweifelt an seinem niedrigen sozialen Stand und nicht mal die Avancen des Zigeunermädchens Lyduschka (Lydia Salmonova) interessieren ihn. Dann lernt er den undurchsichtigen Abenteurer Scapinelli (John Gottowt) kennen, der aus einer Kutsche steigt und ihm einen schnellen Reichtum in Form von 100.000 Gulden verspricht. Dieses Geld wäre gerade jetzt willkommen, weil er die junge Gräfin Margit (Grete Berger) kennenlernte und ihr das Leben retten konnte. Doch mittellos ist da nichts zu machen, zumal die Gräfin auf Wunsch ihres Vaters Graf von Schwarzenberg (Lothar Körner) ihren Vetter Baron Waldis- Schwarzenberg (Fritz Weidemann), den sie nicht liebt, ehelichen soll. So geht Balduin einen Pakt mit dem Scharlatan ein, der ihm diese Geldsumme gibt und dafür nur einen Gegenstand aus der ärmlichen Studentenunterkunft mitnehmen will. Wenn das kein Deal ist. Doch schockiert sieht er zu, wie der gerissene Scapinelli Balduins Spiegelbild aus dem Spiegel holt und es mitnimmt. Er wird auch bald von seinem "anderen Ich“ verfolgt. Seine Absichten, das Herz der Gräfin zu gewinnen werden bald in den Hintergrund treten. Am Ende triumphiert der Satan...



Stellan Rye konnte in diesen Kindertagen des Kinos die Möglichkeiten des Films bereits sehr stark nutzen. Er drehte an originalschauplätzen und setzte einige klasse Tricks als dramaturgisches Mittel ein, um den Grusel zu verstärken. So ist die Szene, in der Scapinelli das Spiegelbild Balduins mit magischer Kraft aus dem Spiegel hervorlockt, auch heute noch beeindruckend. Besonders gut gelungen sind alle Szenen zwischen Balduin und dem Abenteurer Scapinelli. Ein bisschen schwächer sind die Szenen im Haus der Gräfin. hier vermisst man die suggestive Kraft, die der Film in einigen Szenen hat.  Am stärksten beeindruckte mich John Gottowt als teuflischer Verführer. Der in Lehmberg geborene Schauspieler wurde als Jude 1933 mit einem Berufsverbot belegt. 1942 wurde er in der Nähe von Krakau von einem deutschen SS-Offizier erschossen.
1987/1988 fand durch Wilfried Kugel im Auftrag des Filminstituts Düsseldorf die erste Rekonstruktion der deutschen Originalfassung von 1913 statt. Durch weitere entdeckte Kopien ging Kugel 2012/2013 erneut ans Werk und gemeinsam mit dem Filmmuseum München und dem ZDF und Arte wurde eine verbesserte Rekonstruktion erreicht. Die Premiere dieser Fassung des Films fand am 15. Februar 2013 auf der Berlinale statt. Endlich gibt es einen der ersten Klassiker des deutschen Films auch auf einer adäquaten DVD zu sehen.




Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Mittwoch, 8. April 2015

Der Golem, wie er in die Welt kam

























Regie: Carl Boese/Paul Wegener

Die Gestalt aus Lehm...

Gemeinsam mit Carl Boese inszenierte Paul Wegener im Jahr 1920 den expressionistischen Klassiker "Der Golem, wie er in die Welt kam" und schuf damit einen der ersten Horrorfilme der Filmgeschichte. Es war allerdings schon Wegeners dritte Version dieser traditionellen jüdischen Sage. Die erste Fassung erschien 1915 - in "Der Golem" graben Arbeiter im alten Prager Judenviertel einen Schacht und finden eine riesige Statue aus Lehm, die sie zu einem Antiquitätenhändler bringen. Der findet in einem alten Buch eine Zauberformel, die der berühmte Rabbi Loew im 16. Jahrhundert benutzte, um diesen Lehmkoloss, genannt Golem, zum Leben zu erwecken. Es folgte 1917 "Der Golem und die Tänzerin". Mit "Der Golem, wie er in die Welt kam" hat Wegener, der auch die Rolle des Toten spielte, der zum Leben erweckt wird, die Vorgeschichte seines Erstlings nachgeliefert. Es herrscht eine romantische Atmosphäre vor, die allerdings immer wieder von der Angst des Unheimlichen und Unwirklichen in seiner märchenhaften Struktur gebrochen wird.
Das mittelalterliche Prag war dafür bestens geeignet - schon "Der Student von Prag" aus dem Jahr 1913 wurde so ein durchschlagender Kinoerfolg. Anders als dort verzichtete Wegener aber auf den Dreh an den Originalschauplätzen. Hans Poelzig baute eine mittelalterliche Märchenwelt im Studio auf. Es dominieren enge, verwinkelte Gassen mit windschiefen Häusern. Man nimmt kaum noch gerade Linien wahr, es herrschen Schrägen und Winkel vor, die die Perspektive verzerren und das Auge irritieren soll.
Der Einfluß von Robert Wienes "Das Cabinet des Dr. Caligari", der ein Jahr früher entstand, ist deutlich spürbar. Dieses große filmische Meisterwerk sowie der 2 Jahre danach entstandene Vampirfilm "Nosferatu" von Friedrich Wilhelm Murnau komplettiert gemeinsam mit Wegeners Film DIE "Trias" der frühen Horrormeisterwerke aus der Weimarer Republik. Die ein Jahrzehnt später inszenierten US-Horrorklassiker der Universal Studios wie "Dracula" oder "Frankenstein" orientieren sich merklich an den großartigen deutschen Vorbildern.
Als Rabbi Loew (Albert Steinbrück) erkennt, dass den Juden im Prager Ghetto Unheil droht, befragt er seine geheimnisvollen kabbalistischen Bücher. Mit Hilfe dieser alten Formeln beschwört er heimlich die Mächte der Unterwelt herauf. Es erscheint ihm der Geist Astaroth. Dieser befiehlt dem Gelehrten einen Golem (Paul Wegener) zu erschaffen. Das Ungetüm aus Lehm hat eine menschliche Gestalt und trägt einen Talisman an seiner Brust, auf dem das hebräische Wort für "Wahrheit" geschrieben steht.
Aufgabe dieses unberechenbaren Monsters ist aber zuerst der positive Schutz des Ghettos. Denn tatsächlich verkündet der Kaiser (Otto Gebühr) ein Dekret gegen die Juden. Diese sollen schnellstens die Stadt verlassen. Die Urkunde wird von Junker Florian (Lothar Müthel) der jüdischen Gemeinde und dem angesehenen Rabbi übergeben. Der junge Mann wirft sehr schnell ein Auge auf Miriam (Lydia Salmonova), Tochter des Rabbi Löw. Um den Kaiser umzustimmen, schreibt der Gottesmann seinem Herrn eine Nachricht, in der er auf seine Verdienste verweist und um eine Audienz bittet. Am Rosenfest wird ihm diese Bitte gewährt. Der Rabbi nimmt den Golem mit und kann mittels magischer Kraft und dem Lehmwesen die Rettung des Ghettos bewirken. Doch die Gefahr ist noch nicht vorbei. Durch die Eifersucht von Loews Gehilfen (Ernst Deutsch), der ebenfalls in Miriam verliebt ist, wird der Golem noch einmal zum Leben erweckt und der Knechtschaft müde gerät er aus der Kontrolle und läuft im Ghetto Amok...


 Begeisternd kann man in diesem wunderbaren Meisterwerk aus den Kindertagen des Kinos diese stark stilisierten Kulissen genießen. Paul Wegeners Darstellung nimmt Boris Karloffs schwerfälliges Monster (ebenfalls von Menschenhand erschaffen) vorweg. Den klaren Linien der Kaiserburg stehen die labyrinthischen Strukturen des Ghettos gegenüber. Die Innenräume bei Rabbi Loew und Rabbi Jehuda (Hans Sturm) wirken wie Höhlen, die durch geheime Gänge miteinander verbunden sind. Fasznierend auch die Entwicklung des Golems (hebräisch: Klumpen), der zuerst Holz hackt, Wasser holt und des Menschen hilfreicher Untertan wird. Je länger er aber existiert, desto mehr etnwickelt er ein emotionales Eigenleben. Bei Bedarf kann man ihn abstellen wie ein Roboter, man muss nur diesen glitzernden Stern auf seiner Brust entfernen. Bald aber wehrt sich der Golem dagegen, wieder "abgeschaltet" zu werden. Er wird zum bedrohlichen Monster. Am Ende steht ein Kind und ein glücklich wirkender Golem, der allerdings in diesem Moment, als der Kind hochhebt, auch sein Ende findet.


Bewertung: 10 von 10 Punkten.